Das Stift Schlierbach
Mächtige und reiche Herren haben in alter Zeit gern ihre Häuser an wichtige, verkehrsreiche Straßen gebaut. Eine solche Straße ist auch die Pyhrnstraße.
Wer aber an einer solchen Straße wohnt, der macht viel mit, mehr als einer in einem Taiwinkel. Was könnten die Herren von Pernstein und Klaus alles erzählen, wenn sie aufstünden! Von unseren drei Klöstern aber ist es wohl Schlierbach am schlimmsten ergangen.
In ganz alter Zeit war Schlierbach eine Burg. Der fromme Ritter Eberhard von Wallsee übergab 1355 das Rittergut Klosterfrauen, die dem Zisterzienserorden angehörten. Das Nonnenkloster hieß damals Mariensaal in der Sonne. In seiner besten Zeit beteten und sangen eine Äbtissin und zwanzig Nonnen vor dem Marienbild, das Unsere Liebe Frau unter der Sonne darstellt. Das liebliche Marienbildnis, das die Chorfrauen mitgebracht hatten, ist eine Holzstatue, die heute 600 Jahre alt ist und im Kreuzgang des Klosters steht.
Als sich viele Leute in Oberösterreich dem neuen evangelischen Glauben zuwandten, verließen auch die‘ Nonnen das Kloster. So stand eines Tages Schlierbach verlassen da. Fremde Verwalter sorgten mehr für ihren eigenen Säckel. So verarmte und verschuldete Schlierbach ganz. Noch dazu war im Land Bauernaufstand. Die Bauern zahlten dem Kloster keine Abgaben mehr.
Endlich wurde das Stift wieder den Zisterziensern zugesprochen, aber nicht mehr Nonnen, sondern Mönchen. Ein Abt und zwei Mönche aus dem Kloster Rein in der Steiermark zogen ein. So heruntergekommen war Schlierbach, daß die neuen Herren nicht einmal Tisch, Stühle und Geschirr fanden. Trotz allem ging es von da an wieder aufwärts. Schon fünfzig Jahre später wurde in Schlierbach erneuert und gebaut. Das Kloster erhielt damals seine heutige Gestalt und vor allem seine prächtige barocke Kirche.
Aber Türken- und Franzosenzeit warfen es noch einmal zurück. Einquartierungen und Kriegsabgaben brachten es an den Rand des Abgrundes. Aber in den Achtzigerjahren rettete große Sparsamkeit wieder den Klosterbesitz.
Wirklich aufwärts aber ging es seit 1917, als der zweiunddreißigjährige Dr. Alois Wiesinger von Magdalenaberg zum Abt gewählt wurde. Durch Neugründungen suchte der umsichtige Abt die wirtschaftliche Lage zu bessern. Er nahm in das Kloster die landwirtschaftliche Winterschule auf, errichtete eine Tischlerei, eine Schmiede, eine Gärtnerei und eine Käserei.
Der Abt regte auch Klostergründungen des Ordens in den Missionsländern an und schuf in Schlierbach ein Gymnasium, in dem der Nachwuchs. für den Orden und die Missionen herangebildet werden sollte. 1939 fuhr er nach Brasilien, wo er ein Kloster gründete. Aber dort überraschte ihn der Zweite Weltkrieg. So mußte er volle acht Jahre in Südamerika bleiben. Bald nach Kriegsende kehrte er wieder nach Schlierbach zurück. Er ging daran,. die Kriegsschäden zu beseitigen und das geschlossene Gymnasium wieder zu eröffnen. Später nahm er die Organistenschule der Diözese und die Oberösterreichische Glasmalerei auf.
Abt Wiesinger ist 1955 im Alter von siebzig Jahren gestorben. Er war wohl der bedeutendste Abt des Klosters.
Die Ordensregel der Mönche lautet: Bete und arbeite! Zu bestimmten Stunden versammeln sich die Ordensangehörigen in der Kirche zum gemeinsamen Gebet. Während des Tages arbeiten sie in der Schule, im Stiftsmeierhof, in der Gärtnerei, auf dem Feld, in den Werkstätten, in der Glasmalerei und in der Käserei.
Quelle: Heimatkundliches Lesebuch, Bezirk Kirchdorf an der Krems
Herausgegeben von einer Arbeitsgemeinschaft des Pädagogischen Institutes des Bundes für Oberösterreich, Verlag Quirin Haslinger, Linz
ISBN keine
© digitale Bearbeitung Norbert Steinwendner, St. Valentin, NÖ.
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