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Der Jägersprung
Hoch droben auf dem mächtigen und weithin sichtbaren Steinhaupt des 1181 Meter hohen Schiefersteines bei Losenstein ist eine tiefe Felsspalte, genannt der „Jägersprung“, von der der Volksmund folgende grausige Geschichte erzählt: Vor langer Zeit lebte ein bösartiger Mann mit seinem Weibe aus eigener Schuld in stetem Unfrieden. Sein ganzes Sinnen und Trachten ging dahin, auf irgend eine Weise von seinem Weibe los zu werden. Eines Tages hatte er, wie er glaubte, einen guten Einfall. Er stellte sich recht liebreich und bat sein Weib, mit ihm einen Aufstieg auf den Schieferstein zu unternehmen; er brachte es soweit, dass es, zwar widerwillig, mit ihm den Berg bestieg.
Oben bei der tiefen Felsspalte angekommen, fordert er sein brutal auf, niederzuknien und drei Vaterunser zu beten, dann werde er es über den Felsen hinunterstürzen. In der großen Todesangst und weil alles Bitten und Flehen um das Leben bei dem Mann nichts half, betete das Weib mit großer Insbrunst um Hilfe. Das dritte Vaterunser hatte das Weib noch nicht ganz zu Ende gebetet, da kam von unten herauf eine Sennerin und jauchzte hellauf.
Der Jäger sah sich verraten. Sein schlechtes Gewissen sagte ihm, dass er jetzt verloren sei. Aus Verzweiflung und Furcht vor Strafe und keinen Ausweg sehend, sprang der Jäger selber hinunter in die Todesschlucht. Aufs tiefste ergriffen, betete das Weib für ihre glückliche Errettung und wollte sich bei der Sennerin bedanken. Doch diese war verschwunden und nirgends zu finden. Seit jener Zeit heißt die tiefe Spalte auf dem Schieferstein „der Jägersprung“.
Quelle: Sagen und Legenden von Steyr, Franz Harrer, Verlag Wilhelm Ennsthaler, Steyr, 3. Auflage 1980,
ISBN 3-85068-004-5
© digitale Bearbeitung Norbert Steinwendner, St. Valentin, NÖ.
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