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Das angebannte Fuhrwerk
Es war zu jener Zeit, da die Klingenschmiedhämmer noch klangen im schönen Tale der Raming. Da kam eines' Tages aus dem tiefen, dunklen, waldbestandenen Großkollergraben ein Bauer mit seinem Holzkohlenfuhrwerk gefahren; er fuhr Kleinraming zu.
Als er beim Wirtshaus Feßl (heute Hausmann) vorüberfahren wollte, nahm er wahr, daß dort eine Tanzunterhaltung im Gange war; Geigen und Pfeifen jubilierten, die Leute sangen, jodelten und stampften nach dem Takt der Musik, daß es ein Vergnügen war. Der kohlenführende Bauer ließ sein Fuhrwerk halten, ging in das mit Lust und Fröhlichkeit erfüllte Wirtshaus; er konnte nicht widerstehen, dem lustigen Treiben zuzuschauen und sich daran zu beteiligen.
Als er sich eine Zeitlang köstlich unterhalten hatte, wollte er, wiewohl schweren Herzens, wieder weiterfahren. Doch es ging nicht; sosehr er auch die Pferde mit Zurufen und Peitschenknall antrieb, so konnten die Pferde den Wagen nicht von der Stelle bringen. Das Fuhrwerk war angebannt worden. Den Leuten, die gaffend und lachend herumstanden, rief er zu: "Was ist's, laßts mich weiter fahren oder nicht?" Da lachten die Leute noch mehr.
Der Bauer, aufgebracht über das Gelächter und Gespött der Leute, zog ein Messer aus der Tasche und stach damit in das Kummet des Handpferdes. Gleichzeitig erscholl oben auf dem Tanzboden ein Schrei, den derjenige ausstieß, der es dem Bauer "angetan" hatte, daß er nicht wegfahren konnte. Nun aber der Übeltäter zur Strafe gestochen war, konnte der Bauer mit seinem Kohlenfuhrwerk leicht wegfahren.
Quelle: Sagen und Legenden von Steyr, Franz Harrer, Verlag Wilhelm Ennsthaler, Steyr, 3. Auflage 1980,
ISBN 3-85068-004-5
© digitale Bearbeitung Norbert Steinwendner, St. Valentin, NÖ.
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