Der Ritter Heinz Scheck von Steyr

Im Mittelalter lebte in Steyr das Rittergeschlecht der Schecken. In langer Geschichterfolge existierte dieses Geschlect, das in Steyr eine hervorragende Rolle spielte, von 1126 bis 1465, dann starb es wahrscheinlich aus, weil man nichts mehr von ihm hörte. Einige der Schecken waren Burggrafen von Steyr.

Einer der Schecken, und zwar Ritter Otto von Scheck, wurde im Jahre 1213 von dem wilden Ritter Otto Düring von Ternberg im Streite, dessen Ursache unbekannt ist, mit anderen im Freithofe von Garsten erschlagen. Dieser rauflustige Ritter ordnete hernach einige persönliche Angelegenheiten mit Abt Konrad III. vom Kloster Garsten und zog, wie es heißt, aus Reue über seine blutige Tat und zur Sühne als Pilger nach Rom und in der Folge als Kreuzritter mit Herzog Leopold V. von Österreich und Kaiser Friedrich II. nach Palästina, wo ihm in der Fremde das geschah, was er in der Heimat anderen getan: er wurde dort erschlagen.

Ein anderer der Schecken ist im Laufe der Zeit zur Sagenfigur geworden. Es war dies, wenn man der Sage glauben darf, der Ritter Heinz Scheck von Steyr. Von ihm erzählt die Sage gar Löbliches. Der junge, schöne Ritter Heinz Scheck lebte am Hofe Herzogs Leopold V., des Tugendsamen. Diesen Ritter schätzte und liebte der Herzog unter allen Rittern seines Hofstaates wegen seiner guten ritterlichen und menschlichen Eigenschaften am meisten; denn er war tapfer und immer siegreich im Turnier, welches Waffenspiel der Herzog sosehr liebte. Aber eines besaß der Ritter Heinz nicht, nämlich Reichtum; er war arm wie eine Kirchenmaus. Sosehr Heinz Scheck in der Gunst des Herzogs stand, einmal aber sollte er sich doch diese Gunst, freilich unbeabsichtigt, verscherzen.

Eines Tages fand in der Steyrburg ein Turnier statt, zu dem sich viele Ritter in ihren kunstvoll gearbeiteten Eisenkleidern einfanden. Bei diesem Turnier warf der Ritter Heinz Scheck einen nach dem anderen in den Sand. Als kein Ritter mehr da war, mit dem er sich hätte messen können, ritt Herzog Leopold, der ein Meister dieses Waffenspieles war, mit dem Ritter Heinz in die Schranken. Dieser rannte den Herzog mit solchem Ungestüm an, dass er durch den wuchtigen Lanzenstoß im Bogen aus dem Sattel geworfen und höchst unsanft in den Sand geschleudert wurde, wo er wie tot liegen blieb. Die Beistände liefen ihm zu Hilfe und bemühten sich um ihn. Als er zur Besinnung gekommen war und sich wieder erholt hatte, schwur er, lieber sein Lieblingsdorf Pfarrkirchen zu verschenken, als diesem groben Draufgänger noch einmal die Hand zu reichen. Außerdem bannte er ihn von seinem Hofe.

Nach einiger Zeit lud der Herzog die Ritter abermals zu einem Turnier in die Steyrburg. Bedinung aber war, dass jeder Ritter nur im reichsten Schmuck der Rüstung zu erscheinen habe, ein anderer aber zu diesem Kampfspiel nicht zugelassen würde. Das tat der Herzog, um den armen Ritter Heinz Scheck zu ärgern, dem es wegen seiner einfachen Rüstung unmöglich war, daran teilzunehmen.
Die unfreiwillige Muße, die dem Ritter Heinz durch die Verbannung vom Hofe auferlegt war, verbrachte er damit, dass er die Wälder um Steyr durchstreifte und dem Wilde nachjagte. Eines Tages, kurze Zeit vor dem angesagten Turnier, ritt er durch einen Wald. Da hörte er laute Hilferufe. Als er in die Richtung sprengte, sah er, dass sich ein Mann, der von einigen Straßenräubern überfallen worden war, verzweifelt wehrte. Heinz Scheck stürmte heran und die Strolche, vor den Schwerthieben weichend, ergriffen eiligst die Flucht. Der Mann, ein reisender jüdischer Kaufmann, bedankte sich herzlich. Der Ritter brachte ihn nach Steyr.

Als der Tag des Turniers erschienen war, kamen die Ritter in ihren kostbaren Rüstungen, die Harnische glänzten und funkelten. Jedes Pferd trug einen Überwurf aus Tuch oder Seide mit dem Wappen seines Herrn. Alle aber übertraf der Herzog, dessen Rüstung vom Golde gleißte und glänzte. Da kam auch ein fremder Ritter mit geschlossenem Visier auf feurigem Rosse herangesprengt, dessen Rüstung von wunderbarer Schönheit war. Der Herold verkündete den Beginn der Kampfspiele. Die Beistände reichten den zum Kampfspiel bereiten Rittern die Lanzen.

Der fremde Ritter warf jeden Ritter, der mit ihm in die Schranken geritten war, in den Sand, bis keiner mehr da war, mit dem er noch nicht gekämpft hatte. Zum Schluß musste der Herzog den Waffengang mit dem siegreichen Ritter aufnehmen. Aber auch der Herzog, ehe er sich’s versah, lag schon im Sand.

Der Herzog war voll Verwunderung über die Kraft und Gewandtheit des fremden Ritters, reichte ihm die Hand und versprach ihm eine Burg, wenn er an seinem Hof bleiben würde; aber er möge sein Visier öffnen. Heinz Scheck von Steyr – er war es – beugte das Knie vor seinem Fürsten und bat um Gnade, dass er es gewagt habe, vor den Augen seines Herzogs zu erscheinen. Ein reicher Kaufmann, den er vor Räubern gerettet, habe es ihm möglich gemacht, in dieser prächtigen Rüstung auf dem Turnierplatz zu erscheinen. Der Herzog reichte ihm verzeihend die Hand, nahm ihn wieder in Gnaden auf und schenkte ihm sein Lieblingsdorf Pfarrkirchen.
Das leben Herzog Leopolds V. nahm durch ein Turnier, wie uns die Historie erzählt, ein trauriges Ende. Im Dezember des Jahres 1194 feierte der Herzog das Weihnachtsfest in Graz. Am 26. Dezember (Stefanitag) beteiligte er sich – er war schon 57 Jahre alt –an einem Turnier. Er stürzte mit seinem Pferde so unglücklich, dass ihm ein Bein zerschmettert wurde. Der am folgenden Tag eintretende Brand bachte die Abnahme des Beines notwendig. Aber kein Arzt wollte diesen gefahrvollen Dienst leisten. Da rief der herzog seinen Kämmerer, er selbst setzte die Hacke auf das Bein, und der Kämmerer musste mit einem Schlägel daraufschlagen; erst beim dritten Schlag war das brandige Bein ab. Am anderen Morgen deuteten die Ärzte dem Herzog die große Gefahr, in der er schwebe. Nachdem der Herzog das Ordenskleid der Cisterzienser angelegt hatte, starb er fünf Tage später am 31. Dezember 1194 und wurde seinem Wunsche gemäß zu Heiligenkreuz in Niederösterreich begraben.

Quelle: Sagen und Legenden von Steyr, Franz Harrer, Verlag Wilhelm Ennsthaler, Steyr, 3. Auflage 1980,
ISBN 3-85068-004-5

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