Die feurigen Hunde im Lindauberg

Am Fuße des höchsten Felsens, der den schwarzbewaldeten Lindauberg krönt, ist der Eingang in eine große, weitverzweigte Felsenhöhle, die sich mit ihren Nebenhöhlen weit im Inneren des Berges fortzieht und erst in der Nähe von Waidhofen an der Ybbs ihren Ausgang hat. In der Mitte dieser Höhle war vor längst vergangenen Zeiten die große Werkstatt der vielen Zwerge, die in dieser Höhle hausten und wo sie unter dem Gebot des Zwergenkönigs arbeitsam und fleißig, wie sie waren, Schätze auf Schätze in großen, schweren, schönverzierten, eisenbeschlagenen hölzernen Truhen aufhäuften. Eines Tages aber zogen sie fort, unbekannt wohin. Warum sie ihr unterirdisches Reich, wo sie seit undenklichen Zeiten gelebt und geschafft hatten und fröhlich waren, verlassen haben, das teilt uns die Sage nicht mit. Als das fleißige Völklein der Zwerge mit seinem König fortzog, ließ es große, unheimliche, feurige Hunde zurück, welche seither die mit Schätzen angefüllten Truhen bewachen.

Wer zu diesen Schatztruhen gelangen und in den Besitz dieses reichen Goldschatzes kommen will, der muß über einen großen unterirdischen See, hinter dem die Schatztruhen stehen. Hier lauern die gefährlichen Hunde. Sind sie wach, dann ist es nicht möglich, an die Schatztruhen heranzukommen, denn aus den Mäulern dieser schrecklich knurrenden und zähnefletschenden Hunde sprüht Feuer. Jedem, der es wagen würde, sich den Goldtruhen auch nur um einen Schritt zu nähern, dem könnte es schlecht ergehen; diese schrecklichen Hunde würden ihn auf der Stelle zerfleischen.

Wer aber Glück hat und die Hunde schlafend antrifft, dem öffnen sich die Truhen von selbst; die Hunde haben keine Macht, auch wenn sie wach werden, und müssen weichen. Der Glückliche kann sich nun von den Schätzen nehmen so viel er will und was er zu tragen imstande ist. Trotzdem ist ihm der Schatz noch nicht sicher; denn wenn er beim Verlassen der Höhle den richtigen Weg aus dem Berge verfehlt, dann würde er einem greulichen Lindwurm, der heimtückisch auf ihn lauert, zum Opfer fallen.

Drei Italienern soll es vor langer Zeit, wie die Sage erzählt, gelungen sein, die feurigen Hunde schlafend anzutreffen und sich aus den von selbst sich öffnenden Truhen mit Goldschätzen beladen haben. Sie haben aber den richtigen Weg aus dem Berg verfehlt und sind ein Opfer des Lindwurms geworden.

Quelle: Sagen und Legenden von Steyr, Franz Harrer, Verlag Wilhelm Ennsthaler, Steyr, 3. Auflage 1980,
ISBN 3-85068-004-5

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