Der Leichenzug des Greifenfelsers

Am Kreuzberg bei Klagenfurt stand einst die schöne Burg von Greifenfels. Auf ihr saß vor vielen hundert Jahren ein Ritter, der, trotz er die Heimat über alles liebte, den Entschluß faßte, ins heilige Land zu ziehen. Vor seinem Scheiden berief er die ihn begleitenden Knappen zusich und forderte ihnen das Versprechen ab, seinen Leichnam in die Heimat zu bringen, wenn er im fernen Lande sterben sollte.

Was er vorhergesehen, geschah; der Ritter von Greifenfels fiel im heiligen Kampfe. Die Knappen aber hielten das gegebene Wort nicht; „tot ist tot,“ dachten sie, „und wo der Körper ruht, ist gleich“; und sie senkten des Grafen Leichnam mit einem Stein beschwert ins Meer.

Die Untreue brachte den Knappen kein Glück. Keiner von ihnen sah die Heimat wieder; wer nicht dem Feindesschwert oder der Krankheit zum Opfer fiel, fand einen elenden Tod in der Wüste.

Nachts aber sahen einsame Wanderer nicht selten einen unheimlichenLeichenzug um das alte Schloß der Greifenfelser wandeln. Mit dem Schlage Eins verschwand er. – Es ist die Leiche des Greifenfelsers, dem die untreuen Knappen nach ihrem Tode das Wort einlösen mußten, das sie ihm im Leben gebrochen haben.

Quelle: Kärntner Sagen; Franz Pehr; Verlag von Joh. Heyn in Klagenfurt; 1913

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