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Straßburger Schloßsagen
Als die Gurker Bischöfe noch ritterlich auf der Burg im Städtchen Straßburg herrschten, hatten dieselben ihre eigene Gerichtsbarkeit. Da wurde eines Tages ein Gefangener zum Tode verurteilt, obwohl er seine Unschuld fortwährend beteuerte. Als ihn nun der Henker über die Armensünderstiege hinab zur Vollstreckung des Urteils führte, sagte der Verurteilte: „Wenn ich unschuldig bin, soll nach meinem Tode diese Wand rot werden.“ Und in der Tat, als man nach der Hinrichtung die Stiege hinaufging, war die Wand rot und ist es bis heutigen Tages geblieben. Den unschuldig Hingerichteten aber hört man noch immer im Schlosse Straßburg „umgehn“.
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In alten Zeiten war ein Burgkaplan eines großen Verbrechens wegen in den hohen Reckenturm des Schlosses Straßburg eingesperrt. Er leugnete jedoch hartnäckig, und als er zum Schwören getrieben wurde, legte er einen falschen Eid ab. Hierauf wurde er wieder in den Kerker geführt. Als der Gefangenwärter am andern Morgen den Gefangenen vor die Richter führen wollte, war keine Seele im Kerker zu finden; die Fensterstöcke aber zeigten frisches Blut und über die Mauer hinab zog sich ein hellroter Blutstreif, der noch heute zu sehen ist. Die Leute sagen, den Meineidigen habe der Teufel geholt und zerrissen.
Quelle: Kärntner Sagen; Franz Pehr; Verlag von Joh. Heyn in Klagenfurt; 1913
© digitale Bearbeitung Norbert Steinwendner, St. Valentin, NÖ.
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