Der Ring des Schärffenbergs

Wilhelm von Schärffenberg hatte von einer schönen Waldfrau im Goldberge unfern von seinem Stammschlosse in Krain einen Ring erhalten und dazu die inhaltreiche Verheißung: „Solange du diesen Ring behältst und deinem Herrn Glauben und Treue wahrst, wird das Glück nicht von dir weichen!“

Stets war Wilhelm seinem Herrn treu und das Glück seinen Unternehmungen hold geblieben. Da geschah es, daß Herzog Heinrich von den Grafen Haimburg und Freiberg angegriffen wurde. Während des Rittes entstand in seinem Innern jedoch der vermessene Wunsch, den Aufständischen beizustehen und dafür den kärntnerischen Herzogshut für sich selbst zu gewinnen. Die Bedingung, welche die Waldfrau an das Geschenk des Ringes geknüpft hatte, war vergessen.

Am Griffenberge kam es zu einem wilden Kampfe zwischen den Mannen des Herzogs und den Aufständischen; das Glück neigte sich auf die Seite des Rechtes. Nur der Schärffenberger kämpfte mit ungebrochener Kraft weiter, bis auch ihn ein tödlicher Streich traf. Sein Gegner öffnete dem Gefallenen das Visier. Da erkannten sich die beiden als Vettern; derjenige, welcher dem Schärffenberger den tödlichen Hieb versetzt hatte, war Konrad von Auffenstein. Sterbend gab Wilhelm an Konrad den Zauberring, sagte, von wem er ihn erhalten und welche Bedingung die Waldfrau an dessen glückbringende Eigenschaft geknüpft hatte; mit erlöschender Stimme ermahnte er seinen Vetter, nicht gleich ihm Verrat zu üben, sondern sich sein Schicksal zur Warnung dienen zu lassen. Viele Jahre waren seit dem Ereignisse vergangen. Hell hatte hinfort der Zauberring an Konrads Hand gestrahlt, stets hatte ihn das Glück begünstigt, da er nie die Treue gebrochen, die er dem Lehensherrn gelobt. Jetzt war der Enkel Konrads, Friedrich von Auffenstein, Besitzer des Feengeschenkes. Doch der glich seinem Ahnherrn nicht; das Glück, welches die Auffensteiner stets begünstigte, hatte ihn übermütig gemacht und er bedrohte herzog Leopold. Es kam zur Schlacht zwischen ihnen und – sieh, der Sieg neigte sich auf des Auffensteiners Seite, die Macht des Ringes schien gebrochen! – Da erschien plötzlich ein hohe, ernste Frau, von einer Knappenschar begleitet, unter Herzog Leopolds Mannen und ritt auf die Auffensteiner los. Wie der Sturm die Spreu verweht, so zerstreuten die ihren die Scharen Friedrichs. Und nun drang sie selber auf ihn ein. – Tief verwundet sank er; die Frau aber neigte sich, nahm von des Sterbenden Hand den Zauberring, winkte ihrem Troß und verschwand.

So hatte es sich wieder bewährt, daß Untreue den eigenen Herrn schlägt.

Quelle: Kärntner Sagen; Franz Pehr; Verlag von Joh. Heyn in Klagenfurt; 1913

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