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Das Goldeck
Am rechten Ufer der Drau, im Süden von Spittal, erstreckt sich ein Gebirgszug, dessen höchste Spitze „Goldeck“ heißt. Die Steine dieses Gebirgszuges sind goldhältig; was man tatsächlich gefunden, ist sehr wenig; doch erzählt die Sage von baumstarken Goldadern die sich durch das Gestein ziehen.
Ein solcher Punkt ist an der Schwalbenwand, steilauf fast vier Stunden von der Ortenburg weg. Auf dieser befindet sich ein Schloß, daß nur alle hundert Jahre einem Glücklichen sichtbar wird. An einem Fenster dieses Schlosses lehnt dann eine große, weiße Frau mit einem Schlüsselbund und winkt dem, der sie sieht. Folgt er ihrem Winke, so führt sie ihn zum Anfang einer Goldader; dort kann er graben, bis er reich ist. Einst winkte die Frau einem Hirten; doch da seine Schafe eben zerstreut waren, fürchtete er, sie möchten sich in seiner Abwesenheit versteigen, und bat die Winkende zu warten, bis er seine Tiere zusammengetrieben habe. Als er zurückkam, waren Schloß, Frau und Schlüssel verschwunden.
Ein anderer Punkt, wo man sein Glück machen kann, ist unter der „Goldwand“. Dort erscheint in langen zwischenräumen an der Wand ein steinernes Gemsenhorn. Der es sieht, braucht nur in Gedanken eine Linie vom Horn zur Erde zu ziehen und dort zu graben, so findet er pures Gold in ganzen Klumpen. Dieses Horn erschien einst einer jungen Sennin. Sie kannte jedoch dessen Bedeutung nicht und versuchte es herabzuschlagen; aber es wich in die Höhe und sie konnte es trotz ihrem Stocke nicht erreichen. Nach Hause gekommen erzählte sie davon und erfuhr erst jetzt, was sie verscherzt. So schnell sie konnte, eilte sie die Höhe wieder hinan, doch das Horn war verschwunden und selbst die Felswand hatte eine andere Gestalt angenommen.
Quelle: Kärntner Sagen; Franz Pehr; Verlag von Joh. Heyn in Klagenfurt; 1913
© digitale Bearbeitung Norbert Steinwendner, St. Valentin, NÖ.
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