Perchtelsagen aus dem Mölltal
Ein unter dem gemeinen Volke Kärntens sowohl deutscher als slowenischer Zunge ziemlich bekanntes Schreckgespenst führt diesen Namen; doch reicht dessen Lebensdauer jährlich nur vom Feste der hl. Drei Könige bis zum Schlusse der Fastnacht. Sowohl die Deutschen als die Wenden stellen sich dieselbe als ein scheußliches Weib mit Knochen- oder Pferdefüßen vor, das in der einen Hand eine Gabel, ein der andern einen Besen führt. Durch den ganzen Fasching geht die Perchtra Baba umher und untersucht mit ihrer Gabel die Bäuche gefräßiger Kinder. Mit derselben werden sie erst gestochen, dann der Bauch augeschlitzt und darauf die Gedärme ganz künstlich herausgenommen. Noch allerlei anderes wurde von ihr erzählt.
* * *
Beim "Schwager" in der Innerfragant (Seitental des Mölltales) machten die Kinder einmal am Vormittag des Dreikönigtages einen gewaltigen Lärm. Da ist die wilde Perchtel gekommen als grausliches Weib mit einem Tigermantel und ohne Kopf. Hätten die Kinder nicht rasch ein andächtiges Gebet gesprochen, so hätte die Perchtel sie mitgenommen.
* * *
Ein andermal kam sie als "Labtristen" (kegelförmiger Haufe von Laubästen, die auf dem Felde aufgeschichtet werden). Ihre Augen waren groß wie Glasscheiben. Um sie abzuhalten, muß alles mit geweihten Sachen eingeräuchert und mit dem Kreuz bezeichnet werden. Beim Kometter in der Fragant hat man einmal zu räuchern vergessen. Da kam die Perchtel des Nachts und hat einen Menschen aus dem Hause geholt. Des Morgens brachte man ihn tot wieder; zwischen seinen Zehen und Fingern fand man Blumen, die kein Mensch kannte. Da ist er wohl mit der Perchtel in fremden, weiten Ländern gewesen.
Quelle: Kärntner Sagen; Franz Pehr; Verlag von Joh. Heyn in Klagenfurt; 1913
© digitale Bearbeitung Norbert Steinwendner, St. Valentin, NÖ.
|