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Der beinerne Tisch
Einst lebte auf Schloß Falkenstein eine Burgfrau, die sehr reich und sehr schön war, aber ein hochmütiges und kaltes Herz besaß. Als eines Tages der Festsaal eben mit Gästen gefüllt war, rief sie triumphierend aus: "Wer tut's mir gleich im ganzen Kärntnerland? Wer ist so reich, wer ist so schön wie ich? Was andere kaum im stillen sich zu wünschen wagen, hab' ich in üppiger Fülle! An hölzernen Tischen hab' ich gespeist, an marmorner Tafel und auf silberner Platte; und jetzt ist's glattes Gold, auf dem meine Schüsseln steh'n; nur eins bleibt mir zu versuchen - wie sich's auf einem beinernen Tische ißt. Man sagt, das Glück sei launisch; mir bleibt es treu. Ja wahrlich", fuhr sie fort, einen Ring vom Finger ziehend, "so wenig dieser Ring je wieder aus den Fluten, in die ich ihn jetzt werfe, emportaucht, so wenig wird der Stern meines Glückes je erlöschen!"
Sprach's und schleuderte den kostbaren Ring in das rauschende Wasser. Bestürzt hatten die Diener, schweigend die Gäste die frevle Rede vernommen, nur die stolze Burgfrau blickte lächelnd im Kreise umher.
Wenige Tage waren seitdem vergangen, da kam eilends ein Fischer ins Schloß und schwang freudig den Ring der Herrin, den er im Bauche eines Fisches gefunden und als Eigentum der Burgfrau erkannt hatte. Grauen ergriff das Burggesinde. Aber auch die stolze Frau wurde ernst und schweigsam, als sie den Ring aus den Händen der bleichen Zofe erhielt.
Drei Jahre verstrichen in altem Glanz. Da ertönte Waffengeklirr im Land, Ströme von Feinden ergossen sich herein und auch Schloß Falkenstein entging den Mordbrennern nicht. Aus den rauchenden Trümmern rettete die Burgfrau das nackte Leben; bettelnd schleppte sie sich weiter; doch der Haß, den sie in guten Tagen gesäet, ging in den Tagen des Elends auf. Mit Spott und Verachtung wurde sie abgewiesen und selten erhielt sie Brot genug für den quälenden Hunger. Sahen die Landleute ihre ehemalige Herrin am Boden kauern und sorglich die verstreuten Krumen von den Knien auflesen, dann riefen sie höhnend: "Ei, nun erfrische dich einmal am beinernen Tische."
Im Mölltal unfern Obervellach bezeichnet man noch heute die Keusche, wo der Sage nach diese Übermütige im Elend starb.
Quelle: Kärntner Sagen; Franz Pehr; Verlag von Joh. Heyn in Klagenfurt; 1913
© digitale Bearbeitung Norbert Steinwendner, St. Valentin, NÖ.
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