Sagen vom Reißkofel

Im Reißkofel war vor alters ein reiches Goldlager. Ein Mann hatte einen Bergspiegel und entdeckte so in der Mitte des Berges einen gewölbten Gang, in dem das Gold in langen, dicken Zapfen niederhing.

Im Reißkofel war ein reiches Lager von Erz. Das Erz kam in die Sausing; dort standen große Schmelzwerke. Ein überaus großer und gescheiter Herr betrieb den Bau und versprach den Arbeitern reichen Lohn; aber er war zu geizig und hielt sein Versprechen nicht. Da verfluchten ihn die Knappen und schmelzer und wünschten ihm, daß das Gold im Reißkofel verschwände; seitdem ist nichts mehr darin. Der verwüscnhte Bergherr von Sausing aber soll der Felsvorsprung sein, der westlich vom Reißkofel steht, „das steinerne Mandl“ genannt.

Im Reißkofel, heißt es, ist ein großer See und von den Wänden hängen Goldzapfen herab; der Eingang ist schwer zu finden und öffnet sich nur dem, der zur guten Stunde kommt und den rechten Spruch kennt. Alljährlich sah man einen Walischen kommen; er stieg zum Kofel hinauf und ging schwerbeladen davon. Ein Neugieriger schlich ihm einmal nach, erlauschte den Spruch, und als der Walische aus dem Kogel herauskam und über die Felsen hinunterstieg, schlich er sich hin, sagte den Spruch und der Felsen öffnete sich. Auf allen vieren kroch er durch die Öffnung hinein. Ach, welche Herrlichkeit! Über dem weiten, dunklen See hing lauteres Gold in schweren Zapfen. Auch ein Schifflein war da; er stieg hinein, als er aber in die Mitte des Sees kam und seine Hand nach den Goldzapfen ausstrecken wollte - da wurde es ringsum lebendig, kleine Männchen schwammen herbei und hingen sich an den Kahn, daß er umschlug – plumps - und der arme Mann fiel in den See. Doch soll er nicht ertrunken sein. Wo's in der Tiefe sprudelt und rauscht, da hat es ihn hinabgezogen, immer tiefer und tiefer, bis er in einer ganz fremden Gegend wieder ans Tageslicht kam.

Quelle: Kärntner Sagen; Franz Pehr; Verlag von Joh. Heyn in Klagenfurt; 1913

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