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Der Kegelschub
Ein armes Bäuerlein machte sich bald nach Mitternacht auf den Weg in die Stadt, um mit den letzten zwei Krontalern, dem Schatzgelde seiner Kinder, einige Lebensmittel und Salz einzukaufen. Da sah es beim Kreuzweg mehrere ganz schwarz gekleidete kleine Männchen, die sich mit Kegelschieben unterhielten. Dem Bauer kam dies sonderbar vor, er ging ja oft da vorüber, aber nie hatte er etwas von einer Kegelstatt bemerkt. "Was sollen das für Nachtschwärmer sein? Ei, sei es, wie es wolle", dachte er sich und ging weiter.
"He da!" rief ihm eine feine Stimme zu, "Halt mit!" Der Bauer besann sich nicht lange und ging zur Kegelbahn hin. "Warum nit", sagte er, setzte einen Krontaler ein und schob alle Neun. So gewann er ein und das anderemal und der Geldhäufen, den er bereits gewonnen hatte, wurde immer größer. Da setzte er den zweiten Krontaler ein und auch dieser brachte ihm Glück. Die Kugel rollte hinaus; "alle Neun", schrie ein heiseres Stimmchen. Sein Gewinn mehrte sich derart, daß er das Geld in seinen Säcken nicht unterbringen konnte. Da sagte ein Männchen mit grünschillernden Augen, er möge die Taler vom Geldhaufen wegnehmen. Das könne er nicht tun, entgegnete der Bauer. Schon graute der Morgen, von der Ferne hörte man „Tagläuten“ (Ave-Maria-Läuten), da schlich sich ein Männchen nach dem andern davon, und als die Sonne aufging, stand der Bauer allein bei einem Haufen Geldes, daß er es mit Ochsen wegführen mußte. So wurde der arme Bauer ein steinreicher Mann. Er war in seinem Glücke nicht übermütig und stolz, sondern blieb in seiner einsamen, kleinen Keusche, half jedem Armen, der an seine Tür pochte, und wirkte viel Gutes im Stillen. Oft ging er am Kreuzweg vorüber, aber die Männchen sind ihm nie mehr zu Gesicht gekommen.
Diese Wundergeschichte erzählt man sich noch heutigen Tages.
Quelle: Kärntner Sagen; Franz Pehr; Verlag von Joh. Heyn in Klagenfurt; 1913
© digitale Bearbeitung Norbert Steinwendner, St. Valentin, NÖ.
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