Die verwunschene Kollmitzbergerin

Vor vielen Jahren besuchte ein fremdes, sehr schönes Mädchen eine Tanzunterhaltung beim Kollmitzberger Kirchenwirt. Das Mädchen machte einen schwermütigen Eindruck, dennoch tanzte ein Bursch mit ihm. Da bat das unbekannte Mädchen den Burschen, er möge es ein Stück begleiten. Dabei erzählte es ihm, daß es eine verwunschene Kollmitzberger Seele sei. Er könne sie erlösen, wenn er um Mitternacht ins Gschnadholz käme. Dort werde sie unter einem Baum sitzen und spinnen. Neben ihr werde eine Truhe stehen und darauf ein großer, schwarzer Hund liegen. Den solle der Bursch verjagen, dann gehöre der Schatz in der Truhe ihm. Wenn er sie nicht erlöse, dann müßte sie lange, lange wieder auf die Erlösung warten, denn dann müßte erst auf der Stelle ein Baum wachsen, daraus müßte eine Wiege gemacht werden, und ein Kind, das aus dieser Wiege zum Jüngling herangewachsen sei, könne erst wieder das Mädchen erlösen. Der Bursche versprach zu kommen. Da er sich fürchtete, nahm er einige Kameraden mit. Vor Mitternacht gingen sie in das Gschnadholz und sahen auch von weitem das Mädchen unter einem Baum sitzen und beim Schein einer Kerze spinnen. Neben ihm stand die große Truhe und darauf saß mit gesträubtem Fell und wild rollenden Augen ein fürchterlicher Riesenhund. Die Burschen verloren jetzt den Mut und rannten davon. Auf dem ganzen Heimweg verfolgte sie das verzweifelte Weinen und Schluchzen des Mädchens, dessen Hoffnung auf endliche Erlösung getäuscht worden war. (Hoffer.)

Quelle: Sagen aus dem Mostviertel, Band II; gesammelt von der Lehrerarbeitsgemeinschaft des Bezirkes Amstetten; Herausgegeben von Ferdinand Adl, Amstetten 1952

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