Zu den Mammutbäumen im Dunkelsteiner Wald

20.05.2013

Am Rand vom Dunkelsteiner Wald kann man einige eingebürgerte Mammutbäume bestaunen, welche in Form eines Wanderweges "ergangen" werden können. Gleichzeitig gibt es dort oben am Eichberg den Göttweiger Walderlebnisweg, der den Weg für viele - und besonders für Kinder - mittels spielerischer Wissensvermittlung und Hintergrundinformation noch interessanter macht.

Stift Göttweig

Im Jahr 1880 legte der damalige Prälat und Forstmeister - sowie späterer Abt - des Stiftes Göttweig Adalbert Dungel seltsame Samen in die Erde ... kaum glaublich, dass über 100 Jahre später ein Wanderweg zum Ergebnis seiner Maßnahme führen würde und viele Menschen staunend zu Füßen einiger Exemplare von Wellingtonia gigantea, dem Mammutbaum, auf einfachen Rastbänken sitzen würden. Inzwischen werden die Bäume unwissenschaftlich, aber zu Ehren des Forstmeisters sogar als Adalbert-Wellingtonia bezeichnet - der wissenschaftliche Name hat sich aber in dieser langen Zeit auch geändert: heute wird die Art in den Pflanzenlisten als Sequoiadendron gigantea (Riesenmammutbaum) geführt.

Feines Blattwerk

Am Weg zum Plateau des Eichberges, zu den Mammutbäumen irritiert mich gleich einmal dieses feine Astwerk - und erst bei genauer Betrachtung bemerke ich, dass ich mitten im Wald vor einem uralten Lebensbaum, einer Thuje (Thuja occidentalis) stehe. Wesentlich bekannter ist sie als Heckenpflanze, die extrem schnittfreudig und immergrün ist, leider aber für unsere heimische Tierwelt relativ wertlos ist. Nur von "Allerweltsarten" wie Amsel und Sperlingen wird sie zumindest als Versteck genutzt, nur ausnahmsweise findet sich auch einmal ein Nest ...

Ginsterstrauch

Nunja, so sicher bin ich mir gar nicht, dass es ein Ginster ist - ich kenne eigentlich nur kleinere Arten, die kaum über einen Meter groß werden. Aber die gelbe Farbe und die Blütenform lassen eigentlich keinen anderen Schluß zu ... vielleicht ist der Strauch ja auch eingebürgert wie die Mammutbäume, die hier irgendwo sein sollen?

Ginsterblüte

Am ehesten gleicht die Blüte noch dem Heideginster (Genista pilosa), dem ich aber bisher noch nirgends begegnet bin. Irritierend ist, dass auf diesem Exemplar so wenige Blätter und so viele Blüten zu sehen sind, aber vielleicht liegt das ja wieder am Standort im Wald am Wegrand ...

Baumwarze

Wie schon so oft sehe ich auch hier wieder am Wegrand eine Baumwarze, welche knollig den Stamm des Laubbaumes umschließt ... ich überlege kurz, worauf es hinweisen könnte, aber heute ist mein Ziel eingetlich ein anderes .... dennoch nehme ich in Gedanken mit: ich bin in einem besonderen Wald, an einem besonderen Ort, also sollte ich wachsam und aufmerksam sein!

Heller, lichter Mischwald

Lichtdurchflutet ist dieses Waldstück; obwohl durch die Fichten geprägt, reicht das zu Boden fallende Licht, um die jungen saftgrünen Laubbäume herauszulocken, austreiben zu lassen und so den Boden mit einem dichten freundlichen Teppich zu bedecken.

Düsterer Nadelwald

Der Fichtenforst, wie er leibt und lebt - sofern die Motorsäge ihm noch nicht den Garaus gemacht hat! Eintönig und grau stehen sie da und warten darauf, laut knatternd umgesägt, abtransportiert und zu Brettern oder Hobelware verarbeitet zu werden. Nur wo der Kahlschlag schon geschehen ist, wagt sich zögernd das erste Grün aus der rotbraunen Nadelschicht ...

Kiefernforst

Nur wenige Schritte weiter ein Rotkieferforst. Er wirkt nicht weniger Trostlos wie der Fichtenforst, jedoch die weniger dichten Kronen und die oben roten Stämme lassen mehr Licht zu Boden fallen .... so kann schon ein wenig junger Nachwuchs antreiben, der hellgrün zwischen den Stämmen hervorleuchtet ...

Kiefernforst im Grünen

Da stehen sie soldatisch in Linie und stramm, kerzengerade und jugendlich schlank. Wer die Kiefer aus dem Gebirge kennt, und weiß wie sie sich - dem Wetter trotzend - krümmen und biegen kann, ist nur verwundert über diese schlanken Stämme, die unter dem Druck der Konkurrenz dem Licht förmlich entgegenhungernd zum Himmel wachsen.

Der erste Mammutbaum

Und jetzt steht er da in voller Pracht, etwas abseits und die übrigen Bäume schon weit überragend, aber immer noch jung und frisch wirkend: der Mammutbaum, einer aus der kleinen Gruppe, welche dort am Hügel im Wald gepflanzt wurden ...

Mammutbaumgruppe

Weit überragen sie auch die großen Laubbäume, und ganz eigen ist ihre Kronenbildung. Sie wirkt locker und duftig - es scheint aber auch klar zu sein, dass damit Gewicht gespart wird, um so die Last für die immens hoch angelegten Äste zu verringern ...

Baumpyramide

Keilförmig strebt der Baum gegen den Himmel, die Äste gleichmäßig immer kürzer werdend, und bestückt mit den typschen Nadelbuschen an der Spitze jeden Zweiges ...

Die rote Rinde

Die Rinde zeigt eine langgestreckte, markante Struktur, die in langen Bahnen die Rinde der Länge nach zerfurcht. Rund um den Stammfuß ist die Erde blank - es ist nicht ersichtlich, ob der Baum alle konkurrenz abwehrt - oder ob es die Besucher sind, die den Boden plattgetreten haben.

Der Rinde ganz nah

Der Baum stahlt Wärme aber auch Fremdheit aus. Die Löcher in der Rinde lassen erraten, dass hier so mancher Specht sein Glück bereits versucht hat ... vielleicht in der Meinung, dass in so riesigen Bäumen in so riesigen Spalten und Furchen auch riesige Larven zu finden sein müßten?

Grünes Monument

Mächtig ragt der ewig lang scheinende Stamm neben mir aus dem Boden. Ganz seltsam wird es einem, wenn man länger hinaufschaut. Ich frage mich, ob der Baum von unseren Tieren genutzt werden kann? Ich weiß um die Spezialisierung der Insekten und Vögel und frage mich, ob im Baum jemand wohnt, etwas lebt .... oder ist es nur ein Fremdkörper in unserer Natur?

Kerzengerade Stämme

Eine prächtige Erscheinung sind diese Mammutbäume allemal. Lang und dünn wie ein übergroßer Bleistift ragt so ein Stamm in die Höhe und verliert sich irgendwo da oben im Grün des Wipfels. Die doch auch schon hohen Buchen wirken daneben wie Gebüsch ...

Das Denkmal

Bereits 1909 setzte man dem weitsichtigen und experimentierfreudigen Forstmann ein Denkmal, weil die gepflanzten Bäume außerordentlich prächtig gediehen. Ob das seinerzeitige Ziel nur das Experiment an sich war, oder ob einfach eine große Menge Nutzholz aufgrund des riesenhaften Wuchses der Mammutbäume erwartet wurde, bleibt unerwähnt.

Sichtbar werdende Zeit

1880 wurden die Samen dieser Bäume eingelegt, 1909 dieses kleine Denkmal errichtet, als die Bäume fast 30 Jahre alt waren. Wie dick werden ihre Stämme damals gewesen sein? Jetzt (2016) sind sie erst über 135 Jahre alt und haben schon einen ansehnlichen Durchmesser erreicht .... man schätzt das Alter von Mammutbäumen auf 2500 bis sogar fast 4000 Jahre, zumindest in ihren Stammgebieten. Dabei können sie Durchmesser von 3 bis 6 Meter erreichen, einzelne sogar über 8 Meter. Vielleicht muß dann irgendwann das Denkmal sogar versetzt werden ...

Blick in die Krone

Kerzengerade geht der Stamm himmelwärts. Die Äste werden nach oben hin immer dichter, sind relativ dünn aber dadurch geschmeidig und tragen am Ende dicke Büschel von Nadeln, welche um den Trieb in Spiralen angeordnet sind.

Nachsuche

Es stellt sich die Frage, ob sich das intensive Hämmern des Spechtes gelohnt hat? Konnte er dicke Maden irgendwelcher Käfer erbeuten? Oder hackte er nur ein Loch, weil der Baum mit seiner Rinde ihn in die Irre führte und es sich um eine weiche und vor allem harzfreie Rinde handelt?

Kahler Stamm

Wie auch bei vielen unserer Bäume werden jene Äste, die kein oder zuwenig Licht bekommen, einfach abgeworfen oder verdorren. Übrig bleibt ein mächtiger, hochragender aber kahler Stamm, dessen rötlichgelbe borkige Rinde ihn zusätzlich leicht von den anderen Bäumen unterscheiden läßt.

Künstliche Anlage

Der Ort, wo die Mammutbäume stehen, zeichnet sich durch mehrere ebenfalls gelungene Anbauversuche exotischer Bäume aus. Die großen freien Flächen unter den Riesen des Waldes können gut für gesellschaftliches Zusammensein genutzt werden. Nur bei Gewitter ist es besser, die Nähe der hochaufragenden Gesellen zu meiden, zu groß ist die Gefahr, dass sie zu Blitzableitern werden ...

Gewaltiger Stammfuss

Die Basis der Mammutbäume wirkt außergewöhnlich kräftig und massiv. Als Flachwurzler brauchen sie eine große Auflagefläche, die sich dann mittels langer Wurzelausläufer einen riesigen Teller bildet, der sich in die Umgebung krallt. Bis zu 30 Meter können solche Wurzeln sich seitlich im Boden verankern, wobei sie oft nicht mehr als einen (!) Meter in die Tiefe eindringen!

Der Baumgarten (Arboretum)

Hier befindet sich ein gemütlicher Rastplatz, an dem die mitgebrachte Jause verzehrt werden kann. Inzwischen werden einem sicher die vielen verschiedenen und großteils unbekannten oder zumindest fremd wirkenden Gewächse auffallen: Etwa 50 Gast-Baumarten aus aller Welt wurden hier gesammelt und können hier verglichen und betrachtet werden!

Der Teich im Wald

Streift man ein wenig durch die nähere Umgebung, erhält man noch andere interessante Einblicke in die Natur dieses Ortes, und findet schließlich diesen Teich. Er fügt sich harmonisch mit Ufersaum und Wasserfläche, Schwimmblattpflanzen und Totholz in den Wald ein, wobei es unerheblich bleibt, ob dieser Teich künstlich angelegt oder natürlich entstanden ist. Schenkt man der Natur einige Zeit der Aufmerksamkeit und des Wartens, hört man plötzlich vom Grund aufsteigende Gasblasen an der Wasseroberfläche zerplatzen, und sieht Wasserläufer kleine Grüppchen in Ufernähe bilden, und schließlich wölbt sich da und dort leise der Wasserlinsenteppich über der Nasenspitze und den Glupschaugen eines heimlich auftauchenden Frosches.

Ein Hohlweg

Eher zufällig stolpere ich - schon entfernt von dem Baumgarten der Mammutbäume - über diesen alten Hohlweg, und mir wird klar, dass ich mich im östlichsten Zipfel des Dunkelsteiner Waldes befinde, ein fast 20km durchmessendes Waldgebiet, dessen 625 Meter hoher "Dunkelstein" dem Wald den Namen gibt. Dunkelstein deshalb, weil er die dunkle Tönung vom Amphibolit, ein durch metamorphe Umwandlung von Basalt entstandenes Gestein, erhalten hat.

Holhlweg

Besiedelt oder als Rückzugsgebiet genutzt war der Dunkelsteiner Wald wohl schon zur Steinzeit, sicher aber zur Zeit der Kelten und Römer. Nicht verwunderlich also, wenn alte Hohlwege das Gebiet durchziehen. Schon in anderen Bereichen des weiträumigen Waldes bin ich auf solche Spuren gestoßen und habe so von der Funktion des Waldgebietes in alter Zeit erfahren. Die Römer schufen Verbindungen vom Hinterland durch den Wald bis an die Donau heran, um ihren Nachschub zu sichern und die Kastelle leichter zu erreichen im Falle des Vordringens der germanischen Stämme nördlich der Donau.

Hohlweg

Weit zieht sich dieser Hohlweg noch durch den Wald, auch wenn er schon lange nicht mehr begangen wird, ist er noch deutlich zu sehen, in manchen Bereichen gerade noch zu erspüren. Wie viele Füße mögen ihn wohl in den Waldboden geprägt haben, und über welche Zeiträume sind wohl welche Menschen hier ihrem Schicksal entgegengegangen oder ihm entronnen?

Ein weißer Bildstock, ob aber ein "Weisses Kreuz"?

Am Ortsrand von Paudorf muss ich vorbei, um wieder zurück zu meinem Fahrzeug zu kommen - und dort fällt mir dieser wunderschön gearbeitete Bildstock auf, den ich beim Fortgang wohl übersehen haben muss! Schnell mache ich ein hastiges Foto zur Dokumentation, es dunkelt schon in den Niederungen und ich habe noch einen weiten Heimweg. Erst zuhause bemerke ich, dass der Bildstock in keiner mir vorliegenden Karte eingezeichnet ist - und erst bei genauer Betrachtung des Bildes sehe ich die Spitzen vom Stift Göttweig im Hintergrund herablugen. Ein oft typischer Standort eines Weissen Kreuzes, an einer Kreuzung und in Sichtweite eines karftvollen religösen Zentrums bzw. eines uralten überbauten Kultplatzes. Die Lösung dieses Rätsels verschiebe ich aber auf später ...

Stift Göttweig im Abendlicht

Noch einmal nehme ich den Anblick dieses gewaltigen Bauwerkes in mich auf. Der sanft gerundete Hügel, die Bewaldung, die davor liegende Ebene - alles Attribute über die auch andere uralte Plätze in unseren Landschaften verfügen, und die wohl mehr als ein gemeinsames Geheimnis haben. Unweit entdecke ich eine weißte Nadel bei einer Brücke und beschileße, auch dort noch nachzusehen ...

Noch ein weisser Bildstock

Und wieder ein weisser Bildstock in typischer Lage, an einer Kreuzung, in der Ebene, und in direkter Sichtverbindung zum Stift Göttweig. Die moderne Plastik eines Mönches, vielleicht des Abtes Adalberg Dungel, den früheren Forstmeister, der die Mammutbäume pflanzte, schaut hinüber zum Stift und betont die Kraft zusätzlich, welche diesen Platz auszeichnet. Nicht einmal die nahe vorüberführende Straße tut dem Abbruch ... und so verbringe ich doch noch einige Minuten im Denken und Sinnen, im Fühlen und Horchen ...

Stift Göttweig

Es ist Zeit - die Luft dunkelt sich zum Abend hinüber, es ist Zeit die Kamera wegzupacken, nur mehr noch die Augen zu gebrauchen, und alles noch ein letztes mal aufzunehmen, was sich den Sinnen bietet. Die Natur, die leise bewegte Luft, der Wald, die Kühle, der heilige Platz auf dem Hügel, die Geschichte des Ortes ... Menschen reden murmelnd, stammelnd, Pferde stampfen, Leder knarrt, Eisen klirrt, Staub weht übers Land ... die Sonne sinkt, und ich atme tief auf und löse mich aus der Geschichte dieses Ortes ....

 

designed by © Norbert Steinwendner, A 4300 St. Valentin