Bei den Maultrommelmachern
Die schmalspurige Steyrtalbahn hat uns nach Molln, die Heimat der Maultrommelmacher, gebracht.
Vom Bahnhof erreichen wir nach einer Viertelstunde Gehzeit Mohn und wandern weiter zur Krummen Steyrling. An ihrem Ufer sehen wir etliche kleine Mühlenräder. Durch jedes Mühlenrad führt eine fest verbundene Achse in einen viereckigen Holzkasten. Dieser dreht sich mit, ein Schloß versperrt den Kasten. Wir bleiben bei diesen merkwürdigen, kleinen Mühlen stehen und hören, daß es in ihnen metallisch klingt.
Da kommt ein alter Mann des Weges. Neugierig fragen wir ihn, ob er uns diese seltsamen Mühlen erklären könne. „Ja“, lacht er, „da seid ihr bei mir gerade an den richtigen Mann gekommen. Ich bin nämlich ein Maultrommelmacher.“
Er führt uns in sein Haus. In der Stube sitzt die ganze Familie um den großen Tisch. Auch die Kinder sind dabei. Der Vater biegt aus einem Vierkantdraht die Rahmen. Er feilt die Enden und biegt die Rahmen nochmals. Dann schneidet er aus Stahlblech die Zungen, feilt sie zu, härtet sie und nietet sie in die Rahmen ein. So kommen die Maultrommeln in die Putzmühle, die sie blitzblank scheuert. Frauen und Kinder vergolden dann die blanken, kleinen Musikinstrumente, bündeln sie und richten sie her zum Verschicken.
Wir haben eine ganze Weile der Arbeit der Maultrommelmacher zugeschaut. Jetzt setzen wir uns zur Rast auf die alte Stubenbank. Nun nimmt der alte Maultrommelmacher ein Instrument in die Hand. Er preßt die Enden des eisernen Rahmens an die Zähne. Mit dem Zeigefinger zupft er die Stahlfeder und bringt sie zum Schwingen. Die Mundhöhle verstärkt die eigenartigen, zauberhaften Klänge. Auch die anderen Familienmitglieder haben die Maultrommein ergriffen, und ein vielstimmiger Klang erfüllt den Raum. Uns gefällt die seltsame Melodie. Wir fühlen uns so richtig wohl in der Stube der einfachen Leute.
Der Hausvater sagt uns auch noch, daß Molln die einzige Erzeugungsstätte für Maultrommeln auf der ganzen Welt ist. Dieses alte und seltene Gewerbe, das im Aussterben begriffen ist, hat sich meist vom Vater auf den Sohn vererbt. Die Zunftfahne wird heute noch mit Stolz gezeigt. Nur mehr wenige Familien beschäftigen sich mit der Herstellung von Maultrommeln.
Quelle: Heimatkundliches Lesebuch, Bezirk Kirchdorf an der Krems
Herausgegeben von einer Arbeitsgemeinschaft des Pädagogischen Institutes des Bundes für Oberösterreich, Verlag Quirin Haslinger, Linz
ISBN keine
© digitale Bearbeitung Norbert Steinwendner, St. Valentin, NÖ
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