König Laurin

An des Berges Fuße sßen
Wir auf moosbegrünten Steinen,
Kestenbäume schenkten Schatte
Vor der Sonne heißem Scheinen.
Und die alte Kindsmagd flehten
Um Geschichten an die Kleinen
Und die Alte folgt den Bitten
Und begann:
In dem hohen Berge drinnen
Wohnt der Zwergenfürst Laurein,
Diamanten und Karfunkel
Spenden hellen Tagesschein.
Tausen Zwerge wohnen drinnen
In den Sälen von Kristall,
Dienen ihrem Herrn und König
Und da gibt es frohen Schall;
Denn die kleinen Wichtel fiedeln,
Wie es Menschen nicht gelingt,
Und sie singen, daß es jedem
Heiß durch Mark und Herze dringt.
Wer ihr Lied nur je vernommen,
Der vergißt es nimmermehr;
Wär’ er übers Meer geschwommen,
Zög’ ihr Lied ihn wieder her.
Wunder könnt’ man viel erzählen,
Die der Zwergenfürst getan,
Wie er einen Rosengarten
Pflanzte auf den grünen Plan.
Und die wunderbaren Rosen
Haben solchen Duft und Schein,
Daß ein jeder mußt’ vergessen
Seines Leides, seiner Pein.
Soch der Garten ist zertreten
Und verhallt der Zwerge Sang.
Nur zuweilen hört man nächtens
Aus den Felsen süßen Klang.
Selten einem Sonntagskinde
Ist geöffnet dieser Berg, *)
Wo Karfunkel sonnig leuchten,
Auf dem Throne sitzt der Zwerg.
Selten nur in heil’gen Nächten
Oder wenn der Vollmond lacht,
Tritt mit glänzendem Gefolge
Er aus seines Berges Pracht.
Und die Zwerglein fiedeln, blasen
Und die Bäume säuseln drein
Und auf taubenetztem Rasen
Springen sie den lust’gen Reihn.

*) Rosengarten bei Bozen

Nach J. Zingerle

Quelle: Österreichisches Sagenkränzlein

© digitale Bearbeitung Norbert Steinwendner, St. Valentin, NÖ.

 

 
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