Das Bild mit dem seltsamen Totenkopf
Im Stifte Admont befindet sich ein merkwürdiges Bild. Es stellt das Brustskelett einer Frau mit einem Totenkopf dar, der mit wallenden Locken, glänzenden Perlen und einem Federbarett geschmückt ist. Die Sage erzählt darüber folgendes:
Einst lebte im Admonttal eine fromme Dame, die wegen ihrer bezaubernden Schönheit von vielen verehrt, bewundert und umschwärmt, aber auch belästigt wurde. Diese ungewöhnliche Verehrung brachte sie in bange Sorge um ihr Seelenheil. Sie fürchtete den Himmel zu verlieren. Darum bat sie flehentlich um ein abschreckendes Antlitz. Ihre Bitte fand Erhörung. Das schöne, zarte Frauengesicht veränderte sich zu einem abschreckenden Totenkopf. Nun flohen alle Verehrer vor ihr.
So entstellt ließ sie sich von einem Künstler malen, während sie sich in ihrer früheren Schönheit niemals ein Bild hatte anfertigen lassen.
Eine andere Sage weiß davon: Ein schönes Ritterfräulein verlobte sich einst mit einem braven Ritter. Als dieser aber länger Zeit auf einem Kriegszuge in fernen Landen weilte, vergaß das Edelfräulein ganz auf ihn und verlobte sich mit einem anderen, der ihr besser gefiel. Da kehrte unerwartet ihr erster Bräutigam heim und wollte sie nun heiraten. Doch die Treulose wehrte sich gegen die Hochzeit und beteuerte, ins Kloster gehen zu wollen. Trostlos verließ sie der abgewiesene Ritter und stürzte sich in seiner Verzweiflung in die Enns. Aber die schönen Waldfrauen retteten ihn aus den reißenden Fluten und brachten ihn nach Johnsbach in ihre Felsenwohnungen, wo sie ihn liebevoll pflegten und ihn mit ihrem wunderschönen Gesang trösteten.
Bald darauf feierte das treulose Edelfräulein mit dem anderen Ritter Hochzeit. Schon waren alle Gäste im Festsaal versammelt, da erschien die Ritterbraut, tief verschleiert. Als sie nun der Bräutigam den Hochzeitsgästen vorstellen wollte, und ihr den Schleier vom Gesichte hob, da schrien alle Gäste vor Schrecken und Entsetzen auf. Statt des erhofften schönen Frauengesichtes grinste allen ein scheußlicher Totenkopf entgegen. So wurde ihre Treulosigkeit bestraft. Warnend mahnt uns ihr Bild mit dem Totenkopf, das lange Zeit im Schloß Röthelstein hing.
Quelle: Admont und das Gesäuse in der Sage; DDr. P. Adalbert Krause O.S.B. Professor in Admont; Oberösterreichischer Landesverlag Ges.m.b.H., Linz; ohne Jahresangabe
© digitale Bearbeitung Norbert Steinwendner, St. Valentin, NÖ.
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