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Röthelstein
Im Admonttal erschien einmal einer Kühhalterin eine weiße Frau, winkte ihr zu und führte sie vor das Schloß Röthelstein. Dort stiegen sie über eine Falltür abwärts durch einen langen Gang in ein hellerleuchtetes Gemach. Darin standen drei mit Gold gefüllte Fässer. Der Kühhalterin gefiel wohl das schöne Gemach, aber von der Schönheit „kann man nix abbeißen“ sagte sie, „i möchte liabr was z’essen, hon schon an großen Hunger und möchte‘ wiedr meine Küh heimtreiben“.
Darauf sagte die weiße Frau, sie solle sich von dem Gold in den Fässern etwas nehmen, davon könne sie sich dann etwas zu essen kaufen. Die Kuhdirn aber sagte: „Was nit mein g’hört, des nimm i nit“. Hierauf schenkte ihr die weiße Frau in einem Glas einen roten Geist ein und gab ihr zu trinken. Der Geist war süß und gut. Nachdem die Halterin davon getrunken hatte, führte die weiße Gestalt die Kuhhalterin wieder zu ihrem Vieh zurück, fing an laut zu weinen und verschwand.
Während dieser scheinbar kurzen Zeit des Aufenthaltes in der Röthelsteiner Schatzkammer waren drei volle Jahre verstrichen; überall wurde indessen nach der verschwundenen Kühhalterin gesucht. Eines Abends kehrte sie zur gleichen Stunde wie früher mit ihrem Vieh wieder heim. Darüber waren die Leute sehr erstaunt und fragten, wo sie denn die drei Jahre gewesen sei. Nun erzählte die Halterin ihr Erlebnis mit der weißen Frau und dem Besuch im Röthelsteiner Schatzgemach. Sie beteuerte jedoch, nur eine halbe Stunde dort gewesen zu sein, denn ihr Vieh sei bei ihrer Rückkehr noch auf dem gleichen Platz gestanden. Die Leute wunderten sich, daß sie kein Gold mitgenommen habe. „I hon mi halt a nit traut“, sagte sie. Nun fragte man sie, ob sie sich wohl den Weg ins Schloß gemerkt habe und die Stelle der geheimen Falltür zeigen könne. Dies bejahte sie und führte auch einen Bauern in den nächsten Tagen dorthin. Doch statt der Falltür war eine nicht zu übersteigende Felsspalte zu sehen.
Die weiße Frau soll noch öfters den Viehhalterinnen und Kindern erschienen sein, doch habe sie jedesmal geweint, wenn niemand mit ihr ging.
Nach der Sage soll die weiße Frau der Geist der ungarischen Königstochter sein, die einst im Admonter Nonnenkloster lebte. Als sie von den Feinden verfolgt wurde, habe sie sich im Schloß Röthelstein verborgen gehalten. So wacht sie als weiße Frau über ihrem Goldschatz und wartet, bis jemand kommt, der den Schatz hebt und sie erlöst.
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In der Buchau bei Admont lebte einmal eine Frau, die sich soviel Gold aus dem Schatz von Röthelstein geholt hatte, daß sie niemals in Not kam. Sie sagte: „I hon mei Geld vom Röthelstoanergschloß. Wer Mut hat, soll mir’s nachmachen. Geld is no gnua obn. Wenn i z’wenig hoa, so hol i mir no ans, das heißt, wenn i no amal die G’nod hon“.
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Der Knollenliesl von der Buchau ging es mit ihren drei Kindern trotz ihres fleißigen Arbeitens nicht gerade am besten. Krankheiten kamen über sie, so daß sie nicht mehr genug verdienen konnte. Arzt und Medizin mußte sie schuldig bleiben. Da kam sie in ihrer Not auf den Einfall, mit ihrer Schwester den Goldschatz im Schloß Röthelstein zu heben. Sie hatten darüber schon verschiedenes in Erfahrung gebracht. Am leichtesten sei der Schatz beim Evangeliumläuten während des Hochamtes am Pfingstfeste zu heben. Auch am Vorabend vor Barbara (4. Dezember) sei der Schatz leicht zu bekommen. Beim Schatzgraben ist aber folgendes genau zu beachten. Man muß Dreikönigswasser und eine geweihte Lichtmeßkerze mitnehmen; vorher beichten und kommunizieren und das Gebet von der hl. Corona auswendig beten und unterwegs noch 99 Vaterunser, ohne aber das „Amen“ zu sagen. Die hl. Corona ist die Hüterin geheimer Schätze. Das Coronagebet verhilft zu Reichtum. Der letzte Teil des Weges vom Zaun bis zur Falltür des Röthelsteiner Schlosses ist rücklings zu gehen, dabei darf man sich aber von keinem Geist schrecken lassen. Vor zwölf Uhr in der Barbaranacht muß man den Schatz behoben haben.
In diese Geheimnisse weihte die Knollenliesl noch vorher ihren Bruder Andrä ein. Wohlausgerüstet und mit den besten Vorsätzen erfüllt, alles genau zu tun, was beim Schatzgraben zu beachten sei, brachen die drei Geschwister voller Hoffnung am Abend vor dem Barbarafest auf. Es war eine kalte, sternenklare Winternacht, die Wege leicht verschneit. Von der Buchau führte der Weg über Wenig nach Admont. Hier wurde noch einmal überprüft, ob alles in Ordnung sei, und dann ging’s mutig, allerdings mit etwas Herzklopfen durch den Wald auf die Höhen von Röthelstein. Die Knollenliesl kam wirklich bis zur Falltür des Schlosses, aber ihrem Bruder, dem Andrä, und seiner Schwester gelang es unmöglich, beim Zaun über den Stiegl zu steigen, so oft sie es auch versuchten. So verstrich die Zeit und auf einmal schlug es von der Admonter Stiftskirche zwölf Uhr. Die Frist war verstrichen – der Schatz blieb unbehoben und ist es bis auf den heutigen Tag geblieben.
Quelle: Admont und das Gesäuse in der Sage; DDr. P. Adalbert Krause O.S.B. Professor in Admont; Oberösterreichischer Landesverlag Ges.m.b.H., Linz; ohne Jahresangabe
© digitale Bearbeitung Norbert Steinwendner, St. Valentin, NÖ.
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