Der hellichte Stein

Von der neuerbauten, prächtigen Gesäusestraße zweigt am rechten Ennsufer beim Bachwirt das eigentliche Johnsbachtal ab, wohl das schönste Seitental im Gesäuse. Es bildet eine tiefe Furche zwischen den Kalksteinriesen des Admonter Reichensteins einerseits und der Hochtorgruppe andererseits. Eine gute Straße führt jetzt längs des wildschäumenden Johnsbaches entlang in das hintere, sonnige Johnsbachtal, oft ganz nahe an den nackten Felswänden vorbei. Bauchaufwärts sieht man nach kurzer Zeit an der rechten Seite des Weges zwei sagenhafte Felsen, den „hellichten Stein“ und den „Amtmannsgalgen“.

Vom „hellichten Stein“ weiß die Sage, daß sich einst in der Johnsbacher Wald- und Felsenwildnis ein stiftischer Jäger auf seinem Dienstweg verirrt hatte. Er war vom rechten Weg abgekommen und in ein Waldesdickicht geraten, aus dem er keinen Ausweg fand. Nach stundemlangen Umherirren stand er ratlos, schon ganz erschöpft, in stockfinsterer Nacht zwischen Felsen und Bäumen. Da drang auf einmal ein greller Lichtschein durch das Waldesdunkel. Mutig schritt er dem Lichte zu. Doch wie staunte er, als er bemerkte, daß das Licht aus einem Felsen schien und auf einen ganz in der Nähe befindlichen Weg leuchtete, den er als Jägersteig gut kannte. Nun wußte er auch seinen Heimweg und war ganz glücklich darüber. Doch als er an diesem Lichtfelsen vorübergeschritten war, erlosch das seltsame Licht am Stein. Seitdem heißt dieser Felsblock im Johnsbachtal der „hellichte Stein“. Er leuchtet jedesmal zur mitternächtlichen Stunde und zeigt jedem Fremden im Dunkel der Nacht den Weg. Sobald man aber an ihm vorüber ist, verliert er wieder sein Licht.

Quelle: Admont und das Gesäuse in der Sage; DDr. P. Adalbert Krause O.S.B. Professor in Admont; Oberösterreichischer Landesverlag Ges.m.b.H., Linz; ohne Jahresangabe

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