Amtmannsgalgen

In Krumau bei Admont lebte einst ein stiftischer Amtmann mit seinem bösen, zank- und streitsüchtigen Weibe, das ihm das Leben gar schwer machte. Verbittert darüber vernachlässigte er seine Amtsgeschäfte und ergab sich leidenschaftlich dem Spiel und Trunk. Wochenlang verweilte er in den Wirtshäusern, so daß sein ganzes Hauswesen verfiel. Mit der Zeit ging ihm aber das Geld aus und so machte er einfach Schulden. Als die Leute nach einiger Zeit das Geld von ihm zurückforderten, war der arme Amtmann ganz verzweifelt, ging in die Felsenwildnis der Johnsbacher Berge und verschrieb sich dem Teufel. Der Teufel erschien auch, verschaffte ihm Geld in Hülle und Fülle und diente ihm auch noch als Jägerbursche verkleidet ein volles Jahr.

Jetzt führte der Amtmann erst recht ein lustiges Leben. Er kleidete sich wie ein Adeliger, zechte mit seinen Freunden in den Wirtshäusern und spielte stets den freigebigen Gönner. Um sein Weib und seine Amtsgeschäfte kümmerte er sich überhaupt nicht mehr. Alles das überließ er seinem Diener, dem Teufel, der zur Ausübung der Amtsgeschäfte sogar die Gestalt des Amtmannes annehmen mußte. In dieser neuen Diensteigenschaft schickte ihn sein Herr einmal zu seiner Frau, die er schon wochenlang nicht gesehen hatte. In der Meinung, es komme ihr richtiger Mann wieder, empfing sie ihn, ob seines langen Ausbleibens ganz zornig, mit einem Schwall von Schimpfnamen, zerkratzte ihn und versetzte ihm einige tüchtige Ohrfeigen. Damit mußte er wieder von dannen ziehen.

Wütend meldete der übelzugerichtete Teufel am Abend seinem Gebieter, der sich unterdessen in Weng in einem Wirtshaus wieder gut unterhalten hatte, den schlechten Empfang und Ausgang bei seiner Gattin. Der Amtmann tröstete ihn jedoch und sagte, an solche häusliche Auseinandersetzungen müsse er sich mit der Zeit gewöhnen.

Ein andermal schickte der Amtmann seinen höllischen Gehilfen nach Hall, um Streitigkeiten unter den dortigen Bauern zu schlichten. Der dienende Teufel tat dies nach Geheiß, doch die Haller Bauern verprügelten ihn tüchtig und warfen ihn in der Gemeindestube zur Tür hinaus. Mit einigen Löchern im Kopfe, voll mit blauen Flecken am Rücken und mit verrenkten Glieder kehrte er unverrichteter Dinge wieder zu seinem Herrn zurück und erzählte ihm, sich noch immer krümmend vor Schmerzen, den Ausgang seiner Amtshandlung. Das müsse er eben in Kauf nehmen, beruhigte ihn sein Herr. Wenn er jedoch wolle, könne er auch über die Haller beim Admonter Hofrichter Beschwerde führen. Das tat denn auch der Teufel. Aber da ging es ihm erst recht schlecht. Der gestrenge Hofrichter empfing den Teufel als den pflichtvergessenen Amtmann nicht nur mit einer ganzen Litanei auserlesenster Schimpfwörter, sondern ließ ihm nach diesem Donnerwetter noch fünfzig wohlgezielte Stockschläge auf den „Allerwertesten“ verabreichen. Das war nun dem Teufel denn doch zuviel. An eine solche „schmerzliche Behandlung“ war der Fürst der Hölle nicht gewöhnt. Dafür lachte sich der pfiffige Amtmann ins Fäustchen.

Nun war die Jahresfrist abgelaufen. Erbost und voller Wut über diesen schlechten Vertrag ergriff der Teufel den Amtmann am Vorabend seines Geburtstages und entführte ihn, durch die Lüfte tragend, in die Johnsbacher Berge. Hier sollte er sich sein Todesart selbst wählen.

Der Amtmann führte den Teufel zur Johnsbacher Brücke, zeigte ihm zwei mächtige, aufrecht stehende Felsen, die einst der Teufel vom Hochtor an diese Stelle gesetzt hatte und die wie zwei Pfeiler zum Himmel ragten. „Zwischen diesen beiden Felsen will ich hängen“, sagte der Amtmann zum Teufel. „Gut“, erwiderte der Satan, „aber der Querbalken fehlt noch“. „Den will ich mir selbst in den stiftischen Wäldern suchen und an den beiden Felsen befestigen“, entgegnete der Amtmann. Der Teufel gewährte ihm das. Der Amtmann ließ sich nun beim Aussuchen eines passenden Querbalkens recht Zeit, so daß die Galgenfrist verstrich. Darüber war nun der überlistete Teufel so erzürnt, daß er dem Amtmann zurief: „Nichtswürdiger Schurke, du bist sogar für die Hölle zu schlecht!“ Er gab ihm noch eine schallende Ohrfeige und verschwand. Seither heißen die beiden aufrecht stehenden, turmartigen, grotesken Felsennadeln „Amtmannsgalgen“. Doch die Sage weiß noch weiter, daß der Amtmann hierauf ein recht ordentliches, gottesfürchtiges Leben führte und nach dieser Bekehrung auch vom Abte des Admonter Stiftes gnädige Verzeihung erhielt. Auch seine böse Ehehälfte hat aus Furcht und Angst vor dem Teufel ihre schlimmen Eigenschaften abgelegt und wurde gut und verträglich mit ihrem Manne und den Mitmenschen.

Quelle: Admont und das Gesäuse in der Sage; DDr. P. Adalbert Krause O.S.B. Professor in Admont; Oberösterreichischer Landesverlag Ges.m.b.H., Linz; ohne Jahresangabe

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