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Das „Kogler-Kreuz“ bei Großraming
Ein mit vielen Sagen umwobenes Steinkreuz ist das etwa fünf Minuten von der Kirche in Großraming entfernte, in einem flachen Tale, am Fuße des Fuchskogels stehende „Kogler-Kreuz“. Es ist eine achteckige Säule mit einem viereckigen leeren Gehäuse, in dem einst eine Heiligenstatue gestanden haben mag. Auf der Abschlußplatte des Gehäuses liegt ein unförmiger Steinblock, der ein zierliches zweiarmiges Metallkreuz trägt.
Der ehemalige Pfarrhofgrund jenseits des Sträßleins, das an der Kreuzsäule vorüberläuft, greift über das Sträßlein einige Quadratmeter groß herüber auf den Koglergrund. Auf diesem Fleckchen ehemaligen Pfarrhofgrundes befindet sich das vormals zum Pfarrhof gehörige Steinkreuz, das sonderbarerweise nicht Pfarrhofkreuz, sondern Koglerkreuz heißt, und zwar nach dem Bauernhause Kogler, das einige hundert Schritte oberhalb des Kreuzes am Hange des Fuchskogels liegt.
Um dieses alte Steinkreuz, aus Konglomeratgestein aufgebaut, spinnen sich viele Sagen. Eine dieser Sagen erzählt, dass das Kreuz auf einem unterirdischen See stehe. Eine zweite Sage weiß zu berichten, dass an seiner Stelle einst eine hölzerne Kapelle gestanden sei, lange bevor man die Kirche von Großraming erbaut habe. Eine dritte Sage erzählt, daß an dieser Stelle die Heiden begraben worden seien, die sich, als das Christentum eingeführt wurde, nicht bekehren wollten. Eine vierte Sage raunt geheimnisvoll von einem Heidentempel, der einst dort gewesen sei und bei dem man Ungläubige begraben habe.
In die rechte Seitenplatte des Gehäuses ist reliefartig, aber roh, die Figur eines Mannes gemeißelt, der mit einer Hand ein eckiges, sackähnliches Ding vor sich hinhält. Diese fremdartig anmutende Figur kann niemand deuten und sie wird von den Leuten sonderbarerweise nicht als Heiliger betrachtet, sondern ganz einfach der "Mann mit dem Geldsackl" oder der "Mann mit dem Geldbeutel" genannt. Die roh gemeißelte Figur, die nicht selten Gegenstand harmlosen bäuerlichen Humors ist, dürfte wahrscheinlich niemand anderer als Jakobus der Ältere, der Wanderer mit dem Stabe sein, dem die Kirche Großramings geweiht ist; er ist der Patron der Pilger. Die Leute aber, die von der roh gemeißelten Relieffigur am Koglerkreuz eine andere Meinung haben, bezeichnen diese Figur als den Judas Ischariot, der den Herrn verraten hat; in dem Sackl, das er in der Hand hält, befindet sich der Verräterlohn, die dreißig Silberlinge.
Unterhalb des Gehäuses sind, links und rechts reliefartig gemeißelt, Tierfiguren zu sehen; die eine Figur soll einen Vogel, vielleicht einen Raben, die andere einen Hund, Fuchs oder Wolf darstellen; diese mythischen Figuren sind aber schon so verwittert, daß man sie kaum erkennen kann.
Auf der hügeligen Bodenfläche, auf der heute das Bauernhaus Kogler und das Kogler-Kreuz stehen, sollen einst, wie der Volksmund erzählt, die letzten Heiden in dieser Gegend gewohnt haben.
Quelle: Sagen und Legenden von Steyr, Franz Harrer, Verlag Wilhelm Ennsthaler, Steyr, 3. Auflage 1980,
ISBN 3-85068-004-5
© digitale Bearbeitung Norbert Steinwendner, St. Valentin, NÖ.
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