Die Schlangenmesse zu Friedlach

Auf einer sanft ansteigenden luftigen Höhe liegt das freundliche Pfarrdorf Friedlach. Wer denkt wohl, wenn er von dort die lachenden Fluren des Tales überblickt, daß einst hier und in der Nähe nur sumpfiger Moorgrund, wild durchwachsen von wüstem Gestrüppe, zu sehen war? Und dennoch war es so.

Wie die Sage uns erzählt, nistete nämlich damals in der Tiefe, die unwirtlich und menschenleer war, ein zahllose Menge giftigen Gewürms. Menschen und Vieh waren von demselben fortwährend bedroht. Schon war alles zur Auswanderung bereit, als ein Fremdling aus dem benachbarten Italien, Fridelo genannt, den hart Bedrängten Erlösung von der Plage versprach. Alle Schlangen wollte er vertilgen, wenn nur keine weiße unter ihnen wäre; denn dann sei er verloren. Niemand erinnerte sich, je eine solche gesehen zu haben, und Fridelo begann sein Werk. Auf jenem Hügel, auf dem jetzt Friedlach steht, und den eine alte Eiche überschattete, ließ er im weiten Kreis dürres Holz und Reisig zusammenführen; hierauf verabschiedete er sich von den Dorfbewohnern und nahm ihnen zugleich das Versprechen ab, daß, sollte wider sein Vermuten die gefürchtete Schlangenkönigin zum Vorschein kommen und er verunglücken, sie für seine Seele ein immerwährendes Sühneopfer stiften sollten.

Da stand er nun an der Eiche.

Der Holzstoß loderte in hellen Flammen und auf Fridelos Ruf kroch das scheußliche Gewürm aus Löchern und Schluchten hervor. Wie von unsichtbarer Gewalt gezogen, wollten sich die Schlangen über den feurigen Kreis schwingen. Doch vergebens! Die grimmige Glut verzehrte sie alle.

Schon blickte Friedelo zufrieden und siegesfreudig über Dampf und Qualm hin zu den Landleuten, die auf den überragenden Gebirgen standen und ihre Freude in frohen Ausrufen kundgaben. Da kündete plötzlich ein gellender Schrei das Herannahen der weißen Schlange. In furchtbaren Reifen stürzte sie sich durch den glühenden Kreis und in einem Momente begrub sie sich mit Friedelo in die verzehrende Glut.

Die befreite Gemeinde löste ihr Gelübde und stiftete in dem pfarrlichen Gotteshause, welches an der Stelle jener Eiche sich erhob, eine jährliche Schlangenmesse.

Lange Jahre hindurch hieß der Ort „Fridelo-Eiche“; erst in späteren Tagen wurde der Name in Friedlach umgeschaffen.

Quelle: Kärntner Sagen; Franz Pehr; Verlag von Joh. Heyn in Klagenfurt; 1913

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