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Der Burgvogt von Reißberg
Die Ruinen der Veste Reißberg sind im Lavanttale, etwa ¾ Stunden ober Schloß Thürn.
In Sankt Andrä in der Schenke sitzt,
Von mancher Kanne Marburgers erhitzt,
Der Burgvogt von Reißberg und schlürfet den Wein,
Als wär‘ er nur Wasser, in Zügen hinein.
Viel Gäste saßen um ihn rings her
Und redeten für und gegen die Mär‘:
Es gedenke der Kaiser mit rascher Hand
Zu besetzen das feindliche Salzburger Land
Der Kollnitzer drunten, dem Kaiser gewillt,
Der führe gar Schlimmes schon lange im Schild;
St. Andrä und die Vesten Reißberg und Stein,
Auf die wohl dürfte gemünzet es sein.
Da lächelt der Burgvogt mit Zuversicht
Und klopft an die Tasche sich schmunzelnd und spricht:
Mein Reißberg, das läßt er mir sicher in Ruh‘,
Denn ich trag‘ in der Tasche den Schlüssel dazu.
Ich hasse das Wasser, bei meiner Seel‘,
Doch lass‘ ich mich taufen im kalten Quell,
Nimmt er mir die Veste bei Nacht oder Tag,
So lang in der Tasche die Schlüssel ich trag‘.
Ich nehm‘ Euch dereinstens, Herr Burgvogt, beim Wort,
Sprach ein Ritter und zahlte die Zech und ging fort.
Das scheint mir ganz billig, sprach einer, zu sein;
Denn niemals ja pflegt ihr zu wässern den Wein.
Als Fisch euch im Wasser, ‚n paar tüchtige Schluck,
Es wär‘ für manch Mäßchen Marburgers genug.
Wahrhaftig, ich gäbe was großes dafür,
Könnt‘ ich’s sehen, wie die Taufe emfinget ihr. –
Ja, lacht nur und spottet nur immerhin,
Vom Wasser befrei’n mich wohl die darin,
Versetzte der Burgvogt und schlägt an die Seit‘,
Und es klangen die Schlüssel gar laut und weit.
Und Kanne um Kanne ward noch geleert,
Bis Gast um Gast sich zur Türe kehrt,
Und die dunkelste Nacht ins Schlafgewand
Schon längst eingehüllet das tauige Land.
Da besteigt er betunken sein nüchternes Roß
Und trabt ihm vertrauend zurück in das Schloß.
Und wie vor der Pforte bereits er nun steht,
Nimmt er aus der Tasche die Schlüssel und dreht
Und spricht mit Lächeln: die Narren dort,
Sie bleiben mit ihrem Wasser mir fort. –
Mit nichten, Herr Burgvogt, bereit steht schon
Der Eimer daselbst, ihr kommt nicht davon!
Ich nahm euch beim Wort, so versprech‘ ich’s euch,
Und was ich versprochen, das halt ich gleich.
So sprach jetzt ein Ritter: Doch haltet euch fest,
Denn der Brunnen da unten nicht spielen läßt.
Und wie der Burgvogt auch flehet jetzt,
Es hilft nichts, er wird in den Eimer gesetzt
Und hinabgelassen; es schöpfet sein Mund
Des Wassers gar viel in dem feuchten Grund.
Und dreimal sinket der Eimer und steigt,
Bis die Taufe sich vollends ganz wirksam erzeigt.
Und wie er nun wieder im Trockenen stand,
Erkennt er, er sei in des Kollnitzers Hand,
Der die Veste genommen, obgleich im Sack
Der Schlüssel ganz unberührt ihm stak.
Dr. K. Tangl
Quelle: Kärntner Sagen; Franz Pehr; Verlag von Joh. Heyn in Klagenfurt; 1913
© digitale Bearbeitung Norbert Steinwendner, St. Valentin, NÖ.
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