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Heiligenblut
Briccius, ein Däne von Geburt, wanderte nach Byzanz, wo er sich unter Kaiser Leo durch große Kriegstaten, auffallende Talente und einen ungemein frommen Lebenswandel auszeichnete, so daß er Feldherr und Liebling des Kaisers wurde. Doch stille Sehnsucht nach der lieben Heimat erfaßte ihn im Laufe der Jahre immer stärker und ließ sich endlich nicht mehr bezwingen. Zurück nach Dänemark trieb es ihn mit aller Macht; er wollte dort an der Errichtung des Kreuzes Christi unter den Heiden mitwirken. Er entdeckte seine Sehnsucht und sein Vorhaben dem Kaiser, dem er so viele Jahre in Treue gedient, und bat um seine Entlassung. Der Kaiser, obwohl den Verlust des Edelsten seiner Umgebung schmerzlich fühlend, gewährte ihm dennoch die Bitte und trug dem treuen Feldherrn eine Gunstbezeugung an. Da bat Briccius um einige Tropfen des heiligen Blutes, das einst aus einer von Frevlerhand durchstochenen Hostie geflossen war und nun in der Sophienkirche zu Konstantinopel allgemeine Verehrung genoß. Als er mit Mühe Gewährung seiner Bitte erhalten, trat er, in Pilgerkleider gehüllt und im Besitze des Heiligtums, den weiten Weg in die Heimat an. In Italien gelandet, zog er über die Julischen Alpen den Norischen entgegen. Unweit des Pasterzengletschers, da wo jetzt die Bricciuskapelle steht, überfiel ihn ein Schneesturm und er fand durch denselben den Tod. Drei Weizenähren, der Stelle seines Grabes entblüht, wurden von Bergknappen entdeckt. Diese fanden die Leiche und an deren Brust eine Schrift die Kunde gab, wer der Verunglückte sei. Zwei Ochsen sollten den toten Körper zum Friedhofe ziehen. Doch plötzlich standen sie still und weigerten sich, die Stelle zu verlassen. Der Leichnam wurde abgenommen und an dieser Stelle beerdigt; einen Ring und das Pergament nahmen die Bergleute zu sich. Nach wenigen Tagen jedoch gewahrte man, daß ein Fuß des Toten aus dem Grabhügel hervorragte. Er hatte einen Verband und unter demselben ein kleines Halsfläschchen mit einigen Tropfen dunkler Flüssigkeit. Dieses ward herausgenommen, der Leichnam neuerdings begraben und der Vorfall dem Erzbischof von Salzburg berichtet. Dieser wendete sich an den Patriarchen von Konstantinopel und erhielt den erbetenen Aufschluß.
Dies war geschehen im Jahre 714.
Lange Jahrhunderte blieb die über dem Grabe des Briccius erbaute kleine Kapelle der einzige Ort der christlichen Andacht in dieser Gegend. Erst das Jahr 1483 gab der jetzigen gotischen Pfarrkirche ihr Dasein und durch sie dem einsamen Alpendorfe zugleich seine schönste Zierde.
Die Kirche bewahrt das heilige Blut, woher der Name Heiligenblut, als ihr größtes Heiligtum; es befindet sich in niedlicher Fassung, ähnlich einer Monstranz, in einer pyramidenförmigen Säule, einem Sanktuarium von hohem Kunstwerte.
Unter der Kirche ist eine von zwei Säulen gestütze Krypta, in derselben das Denkmal des seligen Briccius.
Quelle: Kärntner Sagen; Franz Pehr; Verlag von Joh. Heyn in Klagenfurt; 1913
© digitale Bearbeitung Norbert Steinwendner, St. Valentin, NÖ.
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