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Die Rosse im Weizenfeld
Zu Dummerstadt, da hatten sie ein überaus schönes Weizenfeld. Und als man schon bald schneiden sollte, da waren wohl zwölf Pferde in den goldenen Weizen geraten, die fraßen darin guten Muts. Der Feldhüter sah dies, war aber im Zweifel, ob er sie heraustreiben sollte. Er fürchtete, daß er den schönen Weizen niedertreten und großen Schaden anrichten würde. Er ging also heim und zeigte es den Räten der Gemeinde und dem Richter an, die alle große Augen machten, aber nicht wußten, was da zu machen wäre. Die Pferde mußten auf jeden Fall heraus, aber dabei dürfe der Frucht kein Schaden geschehen, nicht eine einzige Ähre sollte darunter leiden.
Als sie schier sechs Stunden beratschlagt hatten, unterdessen die Rosse ohne Unterlaß im Weizen fraßen und lagen, da kamen sie zu folgender Erkenntnis: Es sollten vier vom Gerichte den Feldhüter auf eine ge- flochtene Hürde setzen, ihm einen langen Stecken in die I-land geben und ihn rundum zu den Pferden in den Wei- zen tragen, bis er sie alle nach und nach aus dem Felde herausgetrieben hat. Doch sollte der Feldhüter nicht in den Weizen gehen, damit er keinen Schaden anrichte. Das geschah.
Quelle: Schelme und Narren; Josef Pöttinger; Verlag Ferdinand Ertl Wien; 1941
© digitale Bearbeitung Norbert Steinwendner, St. Valentin, NÖ.
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