Der Ranzen

In Passau war ein kurzweiliger aber eigennütziger Wirt, der viel seltsame. Possen riß . Zu dem kam einmal ein Gast mit einem großen Ranzen in die Stube. Der Wirt sagte zu ihm: "Landsmann, leg den Ranzen ab und rücke näher zu, damit noch einer sitzen kann!" Der Gast, der viel kostbare heimliche Dinge in seinem Ranzen hatte, sprach: "Lieber Wirt, ich gebe meinen Ranzen nicht von mir." "Nun wohlan", sagte der Wirt, "dann mußt du auch das Mahl für ihn bezahlen." Der Gast lachte und sprach: "Es soll mir recht sein!"

Als nun das Mahl gegessen war, mußte der Gast für den Ranzen zahlen. Er schwieg still, bis er wieder heimzog und neuerdings in das Wirtshaus kam. Der Wirt kannte ihn gleich wieder und sagte: "Heut wirst du wohl den Ranzen ungeheißen ablegen." Der Gast sagte: "Nein, gewiß nicht, und wenn ich noch einmal für ihn zahlen sollte, so tät ich's nicht!"

Wie man sich nun zu Tisch setzte und der Gast den Ranzen anbehielt, sagte der Wirt, er müsse wieder für ihn zahlen. Der Gast kümmert sich nicht darum, bis man den Braten hereintrug, dann sagte er zum Wirt: "Hört Ihr, Herr Wirt, dieweil ich das letztemal für meinen Ranzen gezahlt habe und jetzt wieder zahlen soll, muß ich ihm doch auch etwas zu fressen geben, denn er ist leer geworden", und nahm drei gebratene Hühner und steckte sie in den Ranzen, und dazu ein schönes Weißbrot. Wie aber der Käse kam, der sehr gut war, steckte er auch ein Stück hinein. Als die übrigen Gäste darüber lachten, nahm der Wirt ein großes Glas Wein, schüttete es in den Ranzen und sprach: "Er soll auch etwas zu trinken haben, es möchte ihm anders nicht bekommen!"

Quelle: Schelme und Narren; Josef Pöttinger; Verlag Ferdinand Ertl Wien; 1941

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