Die neun närrischen Finslinger

In dem Dorfe Finsling (Böhmerwald) hausten vor alter Zeit neun Männer, welche die absonderlichsten Schildbürgerstücklein aufführten. Man nannte sie überall nur die neun närrischen Finslinger. Einmal wollte einer von ihnen, ein Vater mit seinem Sohn, Holz im Walde fällen und dieses sogleich nach Hause schaffen. Der Junge fragte, wie man dabei zu Werke gehen müsse, und der Vater antwortete: "Zuerst wird der Schimmel an den Baum gebunden, damit man ihn dann, wenn der Baum gefallen ist, nicht erst anzuspannen braucht." So gingen sie denn an die Arbeit. Das Pferd wurde aus dem Stalle geholt und neben den einstweilen noch aufrechtstehenden Baum gebunden, in- dem an das Geschirr des Pferdes ein langes, starkes Seil geknüpft und dessen Ende am Wipfel des Baumes befestigt wurde. Hierauf wurde der Baum umgeschnitten. Er fiel bergab und schnellte den an das Seil gebundenen Schimmel in die Luft, so daß das Tier zum Rannabach hinabkollerte. Der Vater schickte nun den Sohn hinunter, um nachzuschauen, wie es sich mit dem Tier verhalte. Als er wieder zurückkam, sagte er zum Vater: "Dös Trum, wo's Kummet dranghört is hin, aber zum Reit'n is nu wos da!"

Ein anderes Mal waren sie, die nämlichen Zwei, mit Blochführen beschäftigt, die sie auf Umwegen in die drunten im Tale liegende Langmühlsäge brachten. Als sie das letzte Bloch aufgeladen hatten, kam dieses ins Rollen und rollte den Berg hinunter bis zur Ranna, nahe der Säge. Nun ärgerten sie sich, daß sie es nicht gleich anfangs selber so gemacht hatten und die Stämme hatten hinuntergleiten lassen. Um die neue Entdeckung alsogleich auszunützen, beförderten sie alle Blöcher, die drunten lagen, mit großer Anstrengung wieder auf die Anhöhe und ließen sie nun nach der neuen Art hinab. Das letzte lief aber etwas seitwärts. Um es wieder in die richtige Bahn zu lenken, setzte sich der Vater darauf. Wie es sich so hinabwälzte, kam bald der Mann, der den Bloch umschlungen hielt, bald der Stamm allein obenauf. Voll Freude hüpfend und springend, rief der Sohn: "Vada in da Heh, Bloch in da Heh, Vada in der Heh, Bloch in da Heh." Natürlich war der Alte, als er unten ankam, tot.

Wieder ein anderes Mal waren ein Vater und sein Sohn mit Heueinführen beschäftigt. Als der Junge mit seiner Fuhr in den Stadel einfahren wollte, war in diesem Feuer ausgebrochen. "Geschwind, geschwind", rief ihm der Vater zu, "schau, daß d' mit deiner Fuhr nu auf den Tenn' kommst, eh daß da Stadl z'sammfalltl"

Die Finslinger führten einmal Korn ein. Da es ihnen dabei recht eilig ging, so steckten sie auf jede der vier Kipfen des Wagens je eine Garbe. Als sie jemand aus der Nachbarschaft wegen dieses sonderbaren Gehabens zur Rede stellte, meinten sie: "Gring af, gring a", und ließen sich nicht umstimmen.

Auf dem Dache eines Hauses wuchs ein Schopf Gras. Da der betreffende Finslinger es nicht der Mühe wert fand, das Gras mit der Sense vom Dache herabzumähen, beschlossen sie, einen Ochsen hinaufzuziehen. Dem Vieh wurde ein starkes Seil um den Hals gebunden, und als es in der Höhe der Dachrinne war, reckte es, weil es zu ersticken drohte, die Zunge weit aus dem Maul heraus. Die Finslinger aber, die das sahen, riefen voller Freude: "Seht's, der Ochs hat schon an Gusto aufn Grasschopf!" Natürlich war er, als er oben ankam, bereits maustot.

Als die närrischen Neun auf dem Felde mit Arbeit beschäftigt waren, überraschte sie ein starkes Gewitter. Um nicht durchnäßt zu werden, stellten sie sich alle neun der Länge nach unter ein langes, breites Grasblatt. Dabei freuten sie sich, daß sie es so gut getroffen hatten, und meinten zueinander: "Wie wird's denn dö gehn, dö zweidast hidan afn Feld san?" nämlich denen, die, auch vom Gewitter überrascht, nicht so glücklich waren, unter dem Blatt Deckung und Schutz zu finden.

Quelle: Schelme und Narren; Josef Pöttinger; Verlag Ferdinand Ertl Wien; 1941

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