DAS DUMME WEIB

Es war einmal ein Mann, der hatte eine Frau, die war dumm, oh, es ist kaum zu glauben, wie dumm die war.
Eines Tages fragte sie den Mann: „Was soll eigentlich das viele Mehl auf dem Dachboden? Und was geschieht mit den vielen Schinken und mit dem Speck im Kamin?“
„Weißt du, mein Weibchen“, antwortete der Mann, „einmal werden wir das Mehl mit Wasser vermischen, und den Schinken und den Speck legen wir auf den Kohl.“
„Und was hast Du in dem alten Topf, der unter deinem Bette steht?“
„Ach, dort bewahre ich Kürbiskerne auf“. Aber es war Geld darin, das wollte der Mann seiner dummen Frau nicht anvertrauen.
Am nächsten Tag, als er zur Arbeit ging, sagte er zu der Frau, sie möge sein Sonntagsgewand reinigen und auch das Haus sauber machen, er werde erst am Abend heimkommen.
„Ja, Männchen, ich werde alles besorgen“, versicherte sie.
Der Mann ging, und kaum war er draußen, fuhr an der Hütte ein Töpferwagen vorüber, voll beladen mit Geschirr.
Als ihn die Frau erblickte, zog sie rasch den alten Topf unterm Bett hervor und lief vor die Tür und hielt den Töpfer an.
„He, guter Mann, warte ein wenig, ich will ein Geschäft mit dir machen.“
„Was soll es sein, gute Frau?“ fragte der Töpfer.
„Ich will für den alten Topf einen neuen; die Kürbiskerne drin verkaufe ich dir mit.“
Mit einem Blick hatte der Töpfer gesehen, daß es nicht Kürbiskerne, sondern lauter goldene Dukaten waren, die im Topf glänzten, und bei dem zweiten Blick wußte er, wie dumm die Frau war, die vor ihm stand.
Er lobte die Kerne, er könne sie gut gebrauchen, und gleich stellte er eine ganze Reihe neuer Töpfe auf den Boden. Die könne sie alle haben, sagte er, dann fuhr er rasch mit dem alten Topf und den Golddukaten davon.
Die Frau freute sich über den guten Handel.
Weil sie in der Küche keinen Platz hatte für die neuen Töpfe, stülpte sie sie über die Zaunpfähle des Gartens. Sie brachte alle Töpfe darauf, nur ein kleiner konnte keinen Platz mehr finden.
„Rückt doch ein bißchen zusammen, rasch, seht ihr denn nicht, daß der Kleine auch einen Platz haben will?“
Da die Töpfe sich nicht rührten, wurde sie ungeduldig. Sie nahm ein Holzscheit und drosch auf die Töpfe ein, daß die Scherben nur so herumflogen. Als sie alle zerschlagen hatte, setzte sie den kleinen Topf einem Zaunpfahl auf und war sehr zufrieden mit ihrem Werk.
Dann ging sie in die Küche, nahm den Schinken und den Speck aus dem Kamin, trug alles in den Garten und legte die Stücke auf die Kohlköpfe. Es dauerte nicht lange, und Schinken und Speck wurden von den Hunden entdeckt und aufgefressen. Freilich versuchte die Frau die Hunde fortzujagen, aber es gelang ihr nur, den eigenen Hund zu erwischen; den trug sie in den Keller und band ihn zur Strafe an die Pipe des Weinfasses an. Der Hund wollte sich losreißen und zerrte so lange herum, bis er den Spundhahn gelockert und schließlich ganz aus dem Faß gezogen hatte.
Als die Frau den Wein aus dem Faß fließen sah, lief sie auf den Dachboden, nahm alles Mehl und mischte es in den Wein. Wein ist besser als Wasser, dachte sie dabei.
Nun war alles gut vollbracht. Da erinnerte sie sich, daß sie ja noch die Sonntagskleider des Mannes reinigen sollte. Sie ging also in die Kammer, holte Röcke, Hosen, Mützen, Schuhe, kurz alles, was da war, und warf es in den Waschtrog, seifte alles gut ein und goß siedendes Wasser darüber. Als alles gut ausgebrüht war, wusch sie es, als wäre es Linnen, wand es aus und legte es auf die Wiese zum Bleichen.
Es war schon Abend und der Mann kam heim. Sie ging ihm entgegen und erzählte ihm, was sie den Tag über geleistet hatte und wie alles nach seinen Wünschen getan worden sei.
Dem Mann standen die Haare zu Berge und er wußte nicht, was er mit dem Weibe anfangen sollte: schlagen oder davonjagen? Er überhäufte sie mit Vorwürfen, aber was halfen die jetzt? Schließlich sagte er: „Jetzt komm rasch, wie wollen versuchen, den Töpfer einzuholen. Du wirst nach links gehen und ich nach rechts. Wenn du ihn erblickst, rufst du mir, und wenn ich ihn sehe, rufe ich dir.“
So gingen sie auf die Suche. Nach einer Weile rief die Frau:
„Männchen, Männchen, komm rasch, ich habe ihn!“
Der Mann lief Hals über Kopf, und als er zu der Frau kam, sah er, daß sie mit ihren starken Armen eine Vogelscheuche umklammerte.
„Ach, es ist nicht z leben mit dieser Frau“, jammerte der Mann. Da hatte er plötzlich einen guten Einfall: „Weibchen“, sagte er mit ruhiger Stimme, als wäre nichts zum Ärgern da, „Weibchen, hast du nicht gehört, daß mit den Heiden Krieg sein wird? Und daß auch die Frauen werden schießen müssen?“
„Ach, welches Unglück, mein Männchen!“ rief da die Frau von Angst erfüllt.
„Sei still, ich werde dich verstecken und sie werden dich nicht finden.“
„Ja, ach ja, verstecke mich schnell, schnell, Männchen“, bat die Frau und der Mann führte sie in den Wald.
Er schaufelte eine tiefe Grube, ließ sie darin niedersitzen und bedeckte sie bis zum Hals mit Erde, so daß nur der Kopf hervorragte. Über den Kopf häufte er einiges Laub und Moos. Nun war nichts mehr von der Frau zu sehen. Dann befahl er ihr, ganz still zu sein, damit die Heiden sie nicht fänden, und ging heim.
Die Frau saß da und rührte sich nicht. Die Nacht kam. Da hörte sie Stimmen und sah durchs Laub Lichter blitzen, die näher kamen. Es waren Diebe. Sie blieben neben der Frau stehen, und ihr Anführer sagte:
„Hier sind wir ungestört, hier können wir unsere Beute teilen. Stellt das Licht dort auf den Baumstumpf.“
Der Baumstumpf war aber gar keiner, sondern der mit Laub und Moos überdeckte Kopf der frau. Darauf nun stellten die Diebe die Kerze.
Die Diebe hatten vor sich einen Haufen Geld und begannen es zu verteilen. Plötzlich verspürte die Frau die Hitze des niederbrennenden Lichts und seufzte leise auf. Die Diebe wußten nicht, woher der Laut gekommen war, aber sie erschraken, bedeckten das Geld mit Laub, löschten das Licht uns liefen davon.
Der Ehemann daheim hatte keine Ruhe. Die Frau tat ihm doch leid. Vor Morgengrauen war er schon im Wald vor ihrer Grube.
Als sie ihn durchs Laub sah, rief sie freudig:
„Schau, Männchen, dort liegt viel Geld, viel mehr, als in dem dummen alten Topf ist.“
Der Mann sah das viele Geld, grub die Frau rasch aus und führte sie heim.
Von dem vielen Geld kauften sie sich wieder Mehl, Wein, Schinken, Speck, Kleider und Schuhe; schließlich eine neue Hütte, und weil sie nun reich waren, hatten sie – was sich ja von selbst versteht, auch beide Verstand genug.

Quelle: Slowakische Märchen; nacherzählt von Robert Michel und Cäcilie Tandler; Wilhelm Andermann Verlag Wien; 1944

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