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DER DIENENDE TEUFEL
Ein armer Holzknecht ging in den Wald. In eine alte Tragtasche aus Leinwand hatte er sein letztes Stück Brot gesteckt. Davon wollte er den ganzen Tag leben. Als er in den Wald kam, hängte er die Tasche mit dem Brot an einen dürren Ast und begann mit seiner Arbeit. Er schlug mit der Axt drein und sägte und spaltete das harte Eichenholz, daß ihm nur so der Schweiß von der Stirne rann.
Da pirschte sich ein schwarzer Nichtsnutz heran – er war aus der allernächsten Hölle gekommen – und stahl aus der Tasche das Stück Brot. In die Hölle zurückgekehrt, prahlte der Schwarze vor seinen Kameraden: „Schaut her, von diesem Stück Brot wollte ein armer Holzknecht einen Tag leben, und ich habe es ihm gestohlen.“
„Was höre ich?“ ließ sich da Luzifer, sein Herr, vernehmen, und er war – man möge es glauben oder nicht – entsetzt darüber, daß der kleine Teufel dem armen Menschen sein letztes Stück Brot gestohlen hatte. Und gleich sprach er sein Urteil: „Zur Strafe mußt du dem armen Mann ein Jahr lang dienen.“
Am folgenden Morgen nahm der Holzknecht wieder die schwere Axt über die Schulter, um in den Wald zu gehen. Da öffnete sich die Tür und ein junger, starker Bursche trat in die Stube.
„Guten Tag, Herr“, sagte der, „wollt Ihr mich in Eure Dienste nehmen?“
„Ach, mein Sohn“, sagte der Holzknecht, „wozu sollte das gut sein? Ich habe selbst nichts zu essen und dort in der Kammer weint eine Schar hungriger Kinder.“
„Nehmt mich nur, ich verlange nichts für meine Dienste und Ihr werdet sehen, daß Ihr gut mit mir auskommen werdet.“
„Wenn Du es durchaus willst, so komm mit mir in den Wald, Arbeit gibt es dort genug“, sagte der Holzknecht, reichte dem Burschen sein Beil und sie gingen. Und eh drei Tage um waren, da waren die Bäume des Waldes bis auf den letzten Stamm gefällt, das Holz lag gesägt und geschichtet in hohen Haufen, und man konnte bei dem Anblick schon seine Freude haben.
Eines Tages sagte der junge Arbeiter zu dem Holzknecht: „Heute geh ich allein in den Wald, ich werde die Ernte einbringen, damit im Winter genug Brotmehl im Hause ist.“
Der Holzknecht wunderte sich über diese rede, denn er besaß kein Getreideland, nicht einmal eine einzige Kornähre nannte er sein Eigen, aber er sagte: „Geh nur, geh.“
Auf einem großen, einsamen Gute lebte zu dieser Zeit ein reicher Herr. Dreihundert große Getreideschober standen auf seinen Feldern und in seinen Stallungen lagen dreihundert gemästete Schweine und ungezähltes Rindvieh. Bei diesem reichen Herrn klopfte der junge Arbeiter an. „Nehmt mich als Drescher, Herr“, sagte er.
„Wo sind deine Gehilfen?“ fragte der Herr.
„Danach fraget nicht, sagt mir nur, ob ich Euer Getreide dreschen soll.“
„Du wirst doch nicht allein die Arbeit leisten wollen?“
„Ei, allein oder nicht – das werdet ihr später schon sehen.“
„Mir recht“, sagte der Herr. „Was verlangst du an Lohn für deine Arbeit?“
„Nicht mehr, als ich auf einmal auf meinen Schultern davontragen kann.“
Da dachte der Herr: „Mehr als zweihundert Pfund kann er nicht schleppen“, und er war einverstanden.
In der gleichen Nacht, um die zwölfte Stunde, erklangen in den Getreideschobern tausend Dreschflegel: Zupp, zupp, zupp! Zapp, zapp, zapp! Zupp, zupp, zupp! Zapp, zapp, zapp! Alle Teufel aus seiner Hölle waren gekommen, um ihrem Kameraden zu helfen, und am Morgen, eh die Sonne aufging, war alles Getreide ausgedroschen, gereinigt und in Haufen geordnet.
Der Herr konnte sich nicht genug wundern, als er das sah, aber er war froh, daß sein Getreide so gut verarbeitet war. „Nun nimm dir deinen Lohn, Bursche, und zieh deines Weges“, sagte er.
Das ließ sich der Drescher nicht noch einmal sagen. Er stellte sich breit hin, bückte sich und befahl den Knechten des Herrn: „Aufgeladen!“
Sie luden auf seinen Rücken einen Sack Weizen um den andern und da waren schon gut zweihundert Pfund oben.
„Jetzt hast du aber genug?“ fragte der Herr.
„Hui, was wär‘ das?“ lachte der Drescher: „Nur weiter, gebt nur mehr hinauf. Ihr seht doch, daß ich mit dem bißchen auf dem Rücken noch hochspringen kann.“
Sie luden also auf, mehr und immer mehr; der ganze Vorrat an Getreide aus allen dreihundert Schobern lag auf dem Rücken des Dreschers und dem Herrn standen vor Angst die Haare zu Berge.
„Nun hast du aber genug?“ sagte er mit kläglicher Stimme.
Aber der Drescher lachte und rief den Knechten zu: „Aufgeladen! Ladet nur auf, was noch da ist. Ihr seht doch, daß ich noch immer mit dem bißchen auf meinem Rücken da hochspringen kann.“
Nun trieben sie hundert fette Schweine aus dem Stall und alle hundert nahm der Drescher auf seinen Rücken.
„Du Teufel, jetzt wirst du aber wohl schon genug haben?“ schrie der Herr.
Aber der Teufel lachte nur, sprang lustig in die Höhe und befahl: „Weiter aufgeladen!“
Der Herr wollte vor Wut bersten, aber es half ihm nichts, sein Wort war verpfändet. Wütend schrie er seinen Knechten zu: „Treibt noch hundert gemästete Ochsen aus dem Stall. Die wird er wohl nicht mehr wegschleppen können!“
Aber der junge Drescher nahm auch die hundert Ochsen, lachte dem Herrn gerade ins Gesicht und lief mit seiner Bürde davon, als ob sie eine leichte Feder wäre.
Bald darauf stand er vor dem Hause des Holzknechtes. „So, Herr, da habt Ihr. Ich glaube, nun müßt Ihr Euch nicht mehr vor dem Hunger fürchten, auch wenn ich Euch jetzt für immer verlasse, denn mein Jahr ist zu Ende. Gehabt Euch wohl!“
Da erschallte rings um das Haus herum ein Gelächter, als ob tausend Pferde wieherten. Das waren die Teufel, die ihren Kameraden auslachten, weil er beim armen Holzknecht hatte dienen müssen.
Quelle: Slowakische Märchen; nacherzählt von Robert Michel und Cäcilie Tandler; Wilhelm Andermann Verlag Wien; 1944
© digitale Bearbeitung Norbert Steinwendner, St. Valentin, NÖ.
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