Die Burg Oberranna
Auszug aus dem Kapitel „Mühldorf und Burg Oberranna“

Viele Sagen ranken sich um die Burg. Eine davon erzählt, daß vor langer Zeit hier ein sehr böser Ritter gehaust hätte. Er peinigte und quälte seine Untertanen, wie er nur konnte. Oft murmelte dann einer dieser Armen: „Ach, wenn ihn doch der Teufel holen würde!“ Als der Ritter im hohen Alter starb, wurde er in der Schloßkapelle aufgebahrt. Alle seine Knechte und Diener mußten dort tage- und nächtelang für sein Seelenheil beten. Dies dauerte nun schon drei Tage.
Da kam plötzlich ein Wagen in den Schloßhof gefahren. Ihm entstieg ein schwarzgekleideter Mann, der geradewegs in die Schloßkapelle ging. Die dort Betenden sahen den merkwürdigen Fremden erschrocken an. Dieser ging zum Sarg, hob ihn unter lautem Lachen auf seine Schultern und fuhr damit unter Getöse und Gelärm beim Fenster hinaus. Die Leute, die ihm nachblickten, sahen, daß er quer über das Tal zu den Bärenwänden hinflog, wo sich mit lautem Gepolter der Felsen öffnete und den Schwarzen, mitsamt dem Sarg und dem toten Ritter, aufnahm. Als sich der Berg wieder schloß, sagte ein alter Mann: „Das war der Teufel! Jetzt hat er den Ritter tatsächlich geholt!“

Quelle: Waldviertler Heimatbuch, Helmut Sauer, Verlag Josef Leutgeb, Zwettl, 2. Auflage 1977, Band I
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