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Geschichten aus dem „Horologenlandl“ (Karlstein)
Daß die Karlsteiner kluge Leute waren, das zeigt die List, mit der sie die Schweden im Dreißigjährigen Krieg loswurden. 1645 war es, als eine starke Abteilung schwedischer Soldaten vor Karlstein erschien und die Burg zu belagern begann.
Viele Leute aus der Umgebung hatten sich mit Sack und Pack in die Burg geflüchtet und hier Schutz gesucht. So kam es, daß die engen Burggemächer mit Menschen überfüllt waren und bald ein fühlbarer Mangel an Nahrungsmitteln herrschte.
Die Schweden, welche die Festung mehrmals angriffen, aber jedesmal von den Verteidigern mit blutigen Köpfen zurückgeschlagen wurden, beschlossen, die Burg auszuhungern.
Die Tage vergingen und die Not in der Burg wurde immer größer. Da versuchten die Karlsteiner eine List anzuwenden.
Ein Förster besaß einen zahmen Rehbock, den er bis zuletzt aufgehoben hatte und der noch nicht geschlachtet worden war. Sie hingen ihn an einen Strick und ließen ihn über die Burg- mauer zu den Schweden hinunter. Um den Hals hängten sie ihm einen Zettel, auf dem stand: „Liebe schwedische Soldaten! Wie wir von unseren Fenstern aus sehen können, leidet ihr Mangel an frischem Wildbret. Da haben wir aus den Wildherden, welche wir in der Burg halten, ein Tier ausgewählt und wollen euch dieses als Geschenk überreichen, damit ihr bei der Belagerung keine Not leidet!“
Dieser Brief ärgerte die Schweden, die sich dadurch gehänselt fühlten, sehr. Sie versuchten noch einmal, die Burg im Sturm zu nehmen und als das abermals mißlang, beschlossen sie, abzuziehen, da, wie sie meinten, die Karlsteiner nicht auszuhungern seien, weil sie doch noch so große Wildherden in der Burg als Nahrungsmittel zur Verfügung hätten, daß sie sogar einen Rehbock hätten verschenken können. Karlstein war die Schweden wieder los.
Ubrigens hätten sich die Karlsteiner auch so retten können, da vom 36 Meter tiefen Schloßbrunnen weg ein unterirdischer Gang unter der Thaya durch bis zum Königsgraben geführt haben soll. Heute soll er schon längst verfallen sein.
Quelle: Waldviertler Heimatbuch, Helmut Sauer, Verlag Josef Leutgeb, Zwettl, 2. Auflage 1977, Band I
ISBN ohne Nummer
© digitale Bearbeitung Norbert Steinwendner, St. Valentin, NÖ.
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